Petra Schmidt-Schaller im Tatort:Über den Wolken

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Petra Schmidt-Schaller am 24. April in Hamburg bei der Premiere der Tatort-Folge "Feuerteufel". (Foto: dpa)

Petra Schmidt-Schaller ermittelt am Sonntag zum ersten Mal neben Wotan Wilke Möhring im neuen "Tatort" aus Hamburg. Begegnung mit einer Schauspielerin, die den Hype darum nicht ganz so ernst nimmt.

Von Cornelius Pollmer

Am vergangenen Mittwoch schloss Petra Schmidt-Schaller die Augen und dachte ans Meer. Sie saß in einer Cessna, zwischen Langeoog und Hamburg, der Höhenmesser zeigte 6500 Fuß, als sie ihn das letzte Mal kontrollierte. Es war eine kleine Flucht, vor ihren Gedanken und vor der Wirklichkeit. Die Gedanken gingen der Sorge nach, dass so ein Flug auch mal vorzeitig enden kann und von den 6500 Fuß von jetzt auf gleich kein einziger mehr übrig bleibt. Die Wirklichkeit wiederum sieht so aus, dass die kleine Cessna nicht in Turbulenzen geraten ist, turbulent ist nur der Höhenflug der Schauspielerin Petra Schmidt-Schaller.

In der Maschine saß auch Wotan Wilke Möhring, mit dem Schmidt-Schaller an diesem Sonntag das erste Mal im NDR-Tatort ermittelt. Man kann nun ziemlich präzise sagen, wann die Turbulenzen in dieser Sache begonnen haben, nämlich 24 Stunden vor Beginn der Dreharbeiten zur ersten Folge. Da erfuhr Schmidt-Schaller am Telefon von ihrer Agentin, dass es sich bei "Feuerteufel" nicht um einen Einzelfilm handeln würde, sondern um einen Tatort. Die Agentin hatte das gerade im Internet gelesen.

Das Etikett Tatort verändert vieles für einen Film, vor allem erhöht es das öffentliche und mediale Interesse. Die drei Schauspieler flogen am Mittwoch von Dreharbeiten für die zweite Folge zur Premiere der ersten. Danach fuhr Schmidt-Schaller weiter nach Berlin, und als man sie dort am nächsten Tag trifft, ist sie in einer seltsamen Gleichzeitigkeit gelöst und außer Atem. Die vergangenen beiden Nächte habe sie jeweils nur vier Stunden geschlafen. Deswegen sei sie froh, nun hier in ihrem Studio zu sitzen und nicht in einem Café.

Dieses Studio ist so eine Art Blase der Ruhe in einem großen Durcheinander. 184 Klingelschilder zählt der Plattenbau, Nähe Kottbusser Tor. Hier wohnen Grundmann, Topal, zwei Mal Schiller und ein F. Akim, der seine Miete vermutlich nicht als Regisseur verdient. Im Erdgeschoss hat sich Petra Schmidt-Schaller einen Ort geschaffen, an dem sie sich hinter Glas auf Wesentliches konzentrieren kann. Texte lernen, Texte sprechen, ein bisschen Sport.

Etwas speziell Ostdeutsches?

Draußen: ein schöner Frühlingstrubel. Motorräder brummen wie Elektrohummeln, am Himmel ist das zu sehen, was Radiomoderatoren einen Sonne-Wolken-Mix nennen. Die U-Bahnen zuckeln mit offener Fahrertür vorbei, weil in Berlin selbst der Arbeitsschutz der Annahme folgt: Erlaubt ist, was gefällt.

Drinnen: Petra Schmidt-Schaller, geboren 1980 in Magdeburg, aufgewachsen in Ostberlin, geglänzt in der Verfilmung von Martin Walsers Fliehendem Pferd. Mutter eines Kindes, Tochter der Schauspielerin Christine Krüger und der Polizeiruf-Größe Andreas Schmidt-Schaller. Absolventin der Schauspielschule in Leipzig, Engagements etwa am Nationaltheater Weimar.

Magdeburg, Leipzig, Weimar. Gibt es das an ihr noch, etwas speziell Ostdeutsches? Es könnten zwei Dinge sein. Eine gewisse Freizügigkeit, das ist das eine. Man kann sagen, dass Petra Schmidt-Schaller sehr gut aussieht und sich dafür nicht gerade schämt, weswegen sie in Kritiken manchmal verbal ein bisschen angesabbert wird. Das Zweite ist "so eine Art Wir-Gefühl, auch ein Wir-Denken. Ich bin aber froh, dass ich später auch ein Ich-Gefühl und ein Ich-Denken mitbekommen habe."

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Petra Schmidt-Schaller ist nicht mit dem Tatort aufgewachsen, auch eine Nachwirkung ihrer Herkunft, und auch dies möglicherweise ein gefühlter Vorteil. Weil ihr der Hype um das Format egal sein kann und auch die vielen Ichlinge bei Twitter, die parallel zur Ausstrahlung blubbern, weil es modern ist. Angst, dass es dort auch mal kracht? "Ach, da sind einige in so Launen und erbrechen etwas in die Tastatur. Aber ich sehe dann auch den großen schweigenden Teil, der es anders sieht."

Wobei Schmidt-Schaller die Unmittelbarkeit durchaus schätzt. Als sie noch Theater spielte, in Weimar, da fehlte mal ein Dolch. Das war insofern ungünstig, als dass das Drehbuch für Romeos Julia den Tod durch einen solchen vorsah. Schmidt-Schaller überlegte auf der Bühne, wie sie sich stattdessen umbringen sollte. Gegen eine Wand rennen? In einem Pool ertrinken, der allerdings nur drei Zentimeter tief war? Sie entschied sich für einen sauberen Genickbruch. Also, die eine Hand am Kinn, die andere an die Schläfe, ein kräftiges "Krrrrrr!" und, bumms, aus. Eine absurde Comic-Lösung, natürlich, aber das Abonnement-Publikum im Parkett lupfte keine Braue. Nur ein paar Schüler aus dem Rang riefen: Das geht doch nicht! "Das waren die Einzigen, die ehrlich reagiert haben."

Eine gewisse Unmittelbarkeit sucht sie auch zum Autor ihres Eintrags bei Wikipedia, "wenn Sie das schreiben: Der soll sich bitte noch mal bei mir melden, ich habe die Mailadresse verloren." Manchmal staunt Schmidt-Schaller, wie detailliert dort von ihrem Leben berichtet wird. Sie kennt den Autor nicht, es könnte also auch eine Autorin sein. "Aber ich stelle ihn mir als einen lächelnden Mann vor. Mit Brille. Einer, der sich auch noch für andere Schauspieler interessiert, über die man noch nicht so viel weiß. Sonst hätte ich Angst."

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Nun, "Sitacuisses" interessiert sich durchaus für andere Schauspieler, wesentlich bearbeitet hat er aber neben dem Artikel über Petra Schmidt-Schaller vor allem jene zur Rheinfähre Plittersdorf-Seltz und den Rhein-Nebenfluss Murg im Nordschwarzwald. Falls "Sitacuisses" mal wieder über Schmidt-Schaller schreiben sollte, noch ein paar fun facts: Sie hat einen Tauchschein und würde gerne mal mit einem Buckelwal tauchen.

© SZ vom 27.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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