Mord an Peter R. de Vries:Erdrückende Beweislast

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Der niederländische Kriminalreporter Peter R. de Vries deckte in seiner eigenen Sendung Kriminalfälle im Fernsehen auf. Nun beginnt der Prozess um seine Ermordung in der Amsterdamer Innenstadt im Juli 2021. (Foto: REMKO DE WAAL/ANP/AFP)

Mitten in Amsterdam wurde 2021 ein prominenter Kriminalreporter erschossen. Ein Jahr später stehen die beiden mutmaßlichen Täter vor Gericht.

Die beiden Männer, die in Amsterdam seit Dienstag vor Gericht stehen, wurden keine Stunde nach den Schüssen festgenommen, an denen Peter R. de Vries starb. Auf den prominenten niederländischen Journalisten wurde am 6. Juli 2021 in der Innenstadt Amsterdams auf offener Straße fünf Mal geschossen. Zwei Kugeln gingen in seinen Kopf. Neun Tage später erlag der 64-Jährige den Verletzungen.

Nun hat der Prozess gegen die mutmaßlichen Tatverdächtigen begonnen: Kamil E., 36, der das Fluchtauto gefahren haben soll, und Delano G., 22, der geschossen haben soll. Zu der Anklage wollte sich der Rotterdamer Delano G. am Dienstag nicht äußern. "Ich will nichts sagen." Sein mutmaßlicher Komplize, Kamil E., ein Pole mit Wohnsitz in den Niederlanden, wies die Vorwürfe gegen ihn zurück. Er bezeichnet sich als unschuldig. "Ich habe niemanden ermordet. Ich war nur der Fahrer", sagte er dem Gericht. Er habe Delano G. aus Rotterdam abgeholt und nach Amsterdam gebracht.

Die Beweislage gegen die Männer gilt als erdrückend. Das Urteil wird bereits am 14. Juli erwartet. Kamil E. und Delano G. wurden nach der Tat auf der Autobahn gefasst, im Fluchtauto fand die Polizei zwei Waffen, eine Maschinenpistole und eine umgebaute Signalpistole, die Tatwaffe mit DNA-Spuren beider Männer. Außerdem ein Handy mit belastenden Text-Nachrichten. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass beide im Auftrag handelten.

Der Prozess gegen sie begann am Dienstag unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen, alle 88 Zeugen bleiben anonym und auch die Namen der Staatsanwälte dürfen nicht genannt werden. Die Anklage geht davon aus, dass der Mord im Auftrag einer berüchtigten Drogenbande verübt wurde, der derzeit ebenfalls der Prozess gemacht wird. Im sogenannten Marengo-Prozess sind 17 Männer angeklagt, als Kronzeuge fungiert Nabil B. Bereits ein Bruder und ein Anwalt von Nabil B. wurden ermordet. Peter de Vries war Berater und Vetrauensperson von Nabil B. Die Anklage geht davon aus, dass es sich beim Mord an de Vries um einen weiteren Racheakt gegen den Kronzeugen handelt.

Die Tat hatte die Niederlande schwer geschockt. Peter R. de Vries war als Kriminalreporter landesweit bekannt, in seiner Fernsehsendung Peter R. de Vries, misdaadverslaggever, (Peter R. de Vries, Kriminalreporter), deckte er über Jahre berühmte Kriminalfälle auf. De Vries, der seine Rolle als Journalist auch verließ, etwa zum Sprecher von Opferfamilien wurde, lehnte Personenschutz zuletzt ab. Im internationalen Drogenhandel ist die Niederlande ein zentraler und für Ermittler und Reporter gefährlicher Umschlagsplatz. Im Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist das Land nach dem Mord vom 6. auf den 28. Platz gefallen.

Vor Gericht machten die beiden Kinder des Reporters von ihrem Rederecht Gebrauch. Royce de Vries sprach von einer "beispiellosen Respektlosigkeit vor dem Leben". Seine Schwester Kelly wollte dem mutmaßlichen Täter in die Augen sehen. Sie sagte: "Anders als du. Du hast dich selbst nicht getraut, meinen Vater anzuschauen, als du ihn von hinten niedergeschossen hast."

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