Pressefreiheit:Aygül Özkan eckt mit einer "Charta" für Medien an

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Die niedersächsische Ministerin Aygül Özkan brachte eine Charta mit möglichen Normen für Berichte über Integrationsthemen. Die Redaktionen sind empört.

Aygül Özkan (CDU) hat zweimal erheblichen Medienwirbel verursacht. Das erste Mal war kurz bevor sie Niedersachsens neue Integrationsministerin wurde: Da hielt sie nicht viel von Kruzifixen in Schulen.

Die CDU-Politikerin Aygül Özkan bei ihrer Vereidigung zur niedersächsischen Integrationsministerin im April. (Foto: dpa)

Nun hat die Christdemokratin erneut alle verblüfft - mit einer "Mediencharta für Niedersachsen". Die sollten Journalisten des Landes flugs unterzeichnen. Mit dem Papier würden sich die Pressevertreter ab Mitte August unter anderem dazu verpflichten, über "Herausforderungen der Integration zu berichten" und eine "kultursensible Sprache" anzuwenden.

Medienvertreter kritisierten die Pläne heftig. "Unverblümter hat seit langem kein Politiker mehr versucht, Zeitungen und elektronische Medien auf Kurs zu bringen", sagt der Chefredakteur der Oldenburger Nordwest-Zeitung, Rolf Seelheim.

"Wir haben im vergangenen Jahr für unsere Integrationsserie Gut angekommen den 1. Preis von einer deutsch-türkischen Organisation bekommen. Das machen wir, ohne dass wir von der Landesregierung irgendwelche Handreichungen, Vorgaben oder feierliche Appelle brauchen," sagt Matthias Koch, stellvertretender Chefredakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Eine Sprecherin der Ministerin betont: "Es liegt uns völlig fern, die Medien in ihrer Freiheit zu beschneiden." Die Sozialministerin selbst versichert: "Nichts liegt mir ferner, als die Unabhängigkeit der Medien in irgendeiner Form zu berühren."

Mediencharta nur Diskussionsgrundlage

Özkan ist seit knapp drei Monaten im Amt, sie wurde vom damaligen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) als erste türkischstämmige Ministerin in das Kabinett geholt. Ihre Sprecherin betont, dem Ministerium gehe es um einen Erfahrungsaustausch mit den Medien. Die bereits an Chefredakteure und Verlagsleiter versendete Charta sei "lediglich ein Entwurf zur Diskussionsgrundlage".

Dagegen heißt es in der Einladung für einen Runden Tisch zu dem Thema am 16. August in Hannover: "Es ist vorgesehen, dass die anwesenden Medienvertreter die "Mediencharta" öffentlichkeitswirksam unterzeichnen." Damit erklärten die Unterzeichnenden "ihre Absicht, den Integrationsprozess in Niedersachsen nachhaltig zu unterstützen".

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Unter anderem sollen die Medien laut Charta erklären, in ihrer Berichterstattung über "Sachverhalte und Herausforderungen der Integration zu berichten, eine kultursensible Sprache anzuwenden, die interkulturelle Öffnung zu fördern, die interkulturelle Kompetenz zu verstärken und Projekte hierfür zu initiieren."

Eine Regierungssprecherin von Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagt, die Staatskanzlei sei mit der Mediencharta nicht befasst gewesen und habe erst am Tag zuvor davon erfahren.

Protest von Verbänden, Agenturen und Opposition

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) nennt die Pläne "völlig überflüssig". "Die Inhalte fließen bereits in die tägliche Arbeit der Journalisten ein", sagt die Geschäftsführerin des DJV-Landesverbandes Niedersachsen, Elisabeth Harries: "Journalisten sind sich auch ohne Hinweise der Ministerin der Bedeutung des Themas Integration bewusst."

Auch die Opposition reagiert empört auf die Ideen der Ministerin. "In Deutschland ist die Pressefreiheit ein hohes Gut und im Grundgesetz verankert", sagt die Medienexpertin der SPD-Fraktion im Landtag, Daniela Behrens. Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender hätten ein Recht auf die freie Ausübung ihrer Tätigkeit "Eine Mediencharta schränkt dieses Recht erheblich ein. Freie Medien sind nicht dazu da, Kampagnen von Landesregierungen zu unterstützen."

Die Linke kritisiert, das Ziel der Charta sei zwar grundsätzlich richtig, der Weg aber falsch. "Die Ministerin verfolgt mit ihrem Anliegen richtige Ziele mit unsensiblen Methoden", heißt es. Die Grünen kritisieren, die geplante Mediencharta sei ein "Instrument der Zensur". "Die geplante Sprachregelung mag gut gemeint sein, aber die geplante gemeinsame Absichtserklärung zwischen Medien und Ministerium geht gar nicht", so der Fraktionschef der Landtags-Grünen, Stefan Wenzel.

Er fordert den Ministerpräsidenten und Özkan auf, das Projekt zu beerdigen. Auch die Idee mit den Kruzifixen war übrigens schnell erledigt.

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