Neue Staffel "Twin Peaks":David Lynchs Muse

Neue Staffel "Twin Peaks": Rückkehr nach Twin Peaks: Kyle MacLachlan als FBI-Agent Dale Cooper.

Rückkehr nach Twin Peaks: Kyle MacLachlan als FBI-Agent Dale Cooper.

(Foto: AP)

Eigentlich müsste Kyle MacLachlan neben Leonardo DiCaprio und Sean Penn bei der Oscar-Verleihung sitzen. Doch nach "Twin Peaks" verlief seine Karriere im Halbschatten.

Von David Pfeifer

Es gab Zeiten, da sah es so aus, als würde Kyle MacLachlan, 58, ein großer Star werden. 1986 kam der Film "Blue Velvet" von David Lynch in die Kinos, und MacLachlan spielte die Hauptrolle - einen College-Jungen, der in einer US-Kleinstadt in eine seltsam kalte, sadomasochistische Mystery-Geschichte gesogen wird. MacLachlan, damals erst 27 Jahre alt, verkörperte den "Boy Next Door" in einer Variante, bei der man als Zuseher nie sicher sein konnte, ob er nicht gleich die Kettensäge herausholen würde. Als David Lynch kurz darauf dazu überging, seine seltsamen Meditationen aufs Fernsehen zu übertragen, war Kyle MacLachlan wieder seine erste Wahl. In der Serie "Twin Peaks", die an diesem Sonntag nach fast 30 Jahren ins Fernsehen zurückkehrt, spielte er den stocksteifen FBI-Agenten Dale Cooper, der stets den Kaffee lobte, mit einem entrückten Lächeln, das immer gleichzeitig das Gegenteil seiner gewünschten Wirkung auszustrahlen schien.

Wäre es linear weitergegangen, würde sich MacLachlan heute, 30 Jahre später, eigentlich mit Leonardo DiCaprio, Edward Norton und Sean Penn bei den Oscar-Verleihungen auf den ersten Sitzplätzen einfinden. Aber so wie viele Karrieren durch falsche Rollenwahl ruiniert wurden, geriet auch MacLachlan ins Abseits. Der übliche Wechsel vom Kunstfilm- Genre in den Blockbuster-Bereich misslang, er spielte in der Kino-Version der "Familie Feuerstein" mit, von der er froh sein durfte, dass sie nicht allzu viele Menschen sehen wollten. Kurz darauf übernahm er eine Rolle in "Showgirls", einem unterschätzten Juwel der Filmgeschichte, der statt mit Oscars mit mehreren Goldenen Himbeeren ausgezeichnet wurde, den Jahrgangspreisen für den schlechtesten Film.

Große Skandale sind nicht bekannt, der Vorteil einer Karriere, die im Halbschatten verläuft

MacLachlan verlegte sich auf Gastauftritte in TV-Serien, vor dem ganzen Streaming-Boom, als es noch ein Makel für Schauspieler war, von der Leinwand ins Fernsehen wechseln zu müssen. Er spielte den ersten Ehemann der eher spießig angelegten Charlotte in "Sex and the City". Gelegentlich blitzte da wieder Dale Cooper durch, wenn MacLachlan das sexuelle Versagen der Serienfigur Trey hinter dem breiten Lächeln des All-American-Boy verbarg. Genauso bei seiner Rolle in der Serie "Desperate Housewives" oder bei Gastauftritten in Serien-Hits wie "How I Met Your Mother" und "Law & Order". MacLachlan fand also ein regelmäßiges Auskommen als leicht irrer Ken, der seine Barbie nie wirklich glücklich macht, obwohl er sehr breit lächeln kann und immer fantastisch aussieht, auch mit 58 noch. Privat scheint MacLachlan dabei glücklich zu sein, verheiratet - natürlich mit einem Model - und neben seiner Schauspieltätigkeit auch Weinbauer.

Große Skandale sind nicht bekannt, der Vorteil einer Karriere, die im Halbschatten verläuft: Niemanden interessiert so richtig, ob MacLachlan auch privat so doppelbödig ist. Dass er viel Humor hat, beweist er auf seinem Twitter-Account, wo er jüngst von einem Fan gebeten wurde, doch mal "Dune" zu erklären. "Dune - Der Wüstenplanet" war MacLachlans allererster Kino-Auftritt, ein völlig durchgedrehter Sci-Fi-Film, ebenfalls von Lynch. MacLachlan antwortete dem Fan mit einer so schwachsinnigen Menge lustiger Emojis, dass dieser hinterher dümmer gewesen sein muss als zuvor.

Seit einiger Zeit sieht man auf seinem Twitter-Account vor allem Bilder vom "Twin Peaks"-Set. MacLachlan vor Kulissen des lange erwarteten Serien-Revivals. MacLachlan mit Schauspielkolleginnen, die wie er wieder mit dabei sind. Damals, als "Twin Peaks" auf RTL Plus in Deutschland lief, galt die Serie fast als Kunstprojekt - Arthouse im Fernsehen. "Twin Peaks" war der Vorbote dessen, was heute als ambitioniertes TV-Entertainment gilt, von "Fargo" bis "True Detective". Die spannendste Frage dürfte nun sein, ob die Serie sich so gut gehalten hat wie ihr Hauptdarsteller und ihn ins Rampenlicht zurückholen kann.

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