Neue TV-Serie "12 Monkeys":Spleeniger ist besser

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Serien lassen sich viel Zeit, Handlung und Figuren zu etablieren? Von wegen: Emily Hampshire als Jennifer Goines in "12 Monkeys". (Foto: NBC Universal)

Terry Gilliams Science-Fiction-Märchen "12 Monkeys" gibt es jetzt als Fernsehserie. Leider wurde aus der großartigen Vorlage ein glattgeschmirgeltes Franchiseprodukt gemacht.

Von Benedikt Frank

Es dauert keine zehn Minuten, um dem Zuschauer zu beweisen, dass Zeitreisen möglich sind. James Cole, ein Agent aus der Zukunft, hat aus dem Jahr 2043, in dem die Menschheit durch eine absichtlich freigesetzte Seuche fast ausgerottet wurde, die Uhr der Virologin Cassandra Railly 30 Jahre in die Vergangenheit mitgenommen, also ungefähr in unsere Gegenwart.

Um der Forscherin zu zeigen, dass er nicht verrückt ist, ritzt er das Glas auf ihrer Uhr ein. Auch ihre Zukunfts-Uhr verändert sich. Der gleiche Gegenstand zu unterschiedlichen Zeiten. Quod erat demonstrandum.

Der grobe Rahmen von 12 Monkeys dürfte vielen bekannt sein. Die neue Serie basiert auf dem 1995 erschienenen gleichnamigen Film des Monty-Python-Mitbegründers Terry Gilliam.

Darin jagt Bruce Willis als James Cole eben jene titelgebenden 12 Monkeys. Das Drehbuch zu Gilliams Werk hatte wiederum den französischen Kurzfilm La Jetée ("Am Rande des Rollfelds") aus dem Jahr 1962 zur Vorlage. Und nun gibt es also eine Serien-Adaption des US-Senders Syfy. Deren zweite Staffel läuft derzeit in den USA, die erste ist jetzt in Deutschland bei Amazon Prime zu sehen.

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Sehr kurz nachdem in der Pilotfolge das Zeitreisen bewiesen wurde, sind zwei Jahre vergangen. Für Cole ein Zeitsprung, doch Railly hat auf ihn gewartet, ihr altes Leben aufgegeben, und nun sind beide engste Verbündete. Serien lassen sich viel Zeit, Handlung und Figuren zu etablieren? Von wegen.

Geschichte wird vereinfacht

Das Rezept ist ähnlich wie bei Netflix' Fargo: Man nehme einen erfolgreichen Film eines eigensinnigen Autors, behalte den Titel und ein paar Erkennungszeichen, und forme drum herum eine Serie.

Das Ergebnis ist ein glattgeschmirgeltes Franchiseprodukt. Zuerst wird Terry Gilliams spleeniger Stil geopfert: die oft etwas zu schräge Kamera, die Ausstattung mit obskuren technischen Geräten und die nie wirklich erklärte totalitäre Gesellschaft als Hintergrund.

Dann wird noch die Geschichte vereinfacht: Bei Gilliam geht es im Kern um Psychologie, die Grenze zwischen Wahnvorstellung und Realität bleibt unscharf, das Thema des Bioterrorismus nur wenig mehr als ein Vorwand.

Seine Mission: die Welt retten. Sein Problem: Er weiß noch nicht wie

In der Serie soll dagegen jeder sofort wissen, dass Cole ein typischer Thriller-Held mit typisch düsterem Drumherum ist. Seine Mission: die Welt retten. Sein Problem: Er weiß noch nicht wie. Die Themen der Nebenhandlungen sind Liebe und Verrat, das Mittel der Dramaturgie der Cliffhanger.

Das alles könnte trotzdem eine brauchbare Serie sein, wenn man den Film vergisst. Doch 12 Monkeys scheitert auch daran, dass die Drehbuchautoren ständig neue Zeitreise-Paradoxa erklären müssen und sich dabei anders als etwa bei Doctor Who in einem bitterernsten Setting bewegen, das es ihnen nicht erlaubt, sich über die eigenen Widersprüche lustig zu machen.

Es gibt keinen Grund sich 13 etwa 45-minütige Episoden anzusehen, wenn Terry Gilliam eine ähnliche, aber viel bessere Geschichte in zwei Stunden erzählt.

12 Monkeys , abrufbar bei Amazon Prime.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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