"Schwarzach 23" im ZDF:Bayerischer Bullen-Western

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Happy Ending mit Lilly - gut, dass Friedrich von Thun (l.) in der Szene nicht schmunzelt. (Foto: Barbara Bauriedl/ZDF)

In "Schwarzach 23" ermittelt eine ganze Polizisten-Sippe - und Friedrich von Thun gibt erfreulicherweise mal nicht den ergrauten Kavalier zum Knuddeln.

Von Gerhard Matzig

Wenn Friedrich von Thun im Fernsehen auftaucht, was häufig der Fall ist, häufiger manchmal, als einem lieb ist, dann hat man immer Angst, die Regisseure könnten ihn mal wieder als dezent gealterten feschen Kavalier inszeniert haben: Und jetzt so dieses Schmunzeln bitte, zum Knuddeln! In einem Akt der Notwehr greift man dann hektisch nach der Fernbedienung.

Auch deshalb ist Schwarzach 23, der neue "bayerische Familienwestern mit viel Humor und Melancholie" (ZDF), so eine Überraschung. Thun schmunzelt nicht (oder kaum), er ist nicht zum Knuddeln, und sein Grant ist ausnahmsweise mal bayrisch und nicht so rosamundedanellahaft wie sonst. Nein, Thun kifft als Ex-Polizist Franz Germinger Senior, prügelt sich, heult, brüllt, ist infam. Ist auch als Opi mal durchtrieben böse. Wird im Puff aufgegriffen - und zwar vom eigenen Filmsohn Franz Germinger Junior (Maximilian Brückner), dem amtierenden und in einem Provinzganoven-Verbrechen ermittelnden Hauptkommissar. "Ist das peinlich", sagt Germinger Junior. Und Germinger Senior antwortet: "Aber das muss dir doch nicht peinlich sein, Bub, ist doch nur Massage, gib mal der Lilly 200 Euro." - "200 Euro", will der Junior wissen, "nur für Massage?" - Und die schöne Lilly (Judith Bohle) grinst: "Happy Ending."

Jetzt müsste Thun eigentlich schmunzeln. Tut er aber nicht. Er macht den Anti-Thun. Das Schöne an Schwarzach 23 besteht auch darin, dem Schauspieler dabei zusehen zu dürfen, wie er sich neu erfindet.

Ein Western, bei dem man nicht fragt, ob er echt ist

Weil aber auch die anderen Mitglieder im bayerischen Familienwestern - auch so eine Genre, vor dem man sich im Grunde nur fürchten kann - so eine außerordentliche Spiellaune an den Tag legen, ist dieser Western einer, den man nicht danach fragt, ob er auch ein echter Western ist. Ein Western ist ja schon ein Western, wenn zwei so tun, als spielten sie High Noon. Das Drehbuch von Christian Jeltsch und Michael Comtesse hat Regisseur Matthias Tiefenbacher jedenfalls mit viel Raum für die Schauspieler ausgestattet. Das tut der Sache gut.

Die Idee an sich ist simpel: Die Germingers sind eine Polizistenfamilie (wozu auch noch die Tochter zählt: strafversetzt zurück in die Heimat, dargestellt von Marlene Morreis), die gemeinsam ein Verbrechen aufklärt. Wobei es naturgemäß drunter und drüber geht und der Senior einen sehr schönen Satz sagen darf: "Wenn man sich anschreit, weil man sich Sorgen macht um einen, dann nennt man das Familie."

Etwas überflüssig sind dann aber schon ein paar Sachen geraten: Muss Brückner Visionen haben, die zu surrealen Sequenzen im Film führen? Muss Opa in den Puff gehen, während Oma (Gundi Ellert) den Nachbarn - und Junior-Kollegen - auf ein Schäferstündchen hereinbittet? Muss der Junior glücklich werden mit des Seniors Happy-Ending-Lilly? Muss die "Spur nach Paris führen", damit wir dann immer mal wieder ein schwarzes Auto sehen, worin ein starker Raucher Chansons hört? Obacht jetzt, das dunkeldräuende Böse ist da.

Und muss am Ende wirklich auch noch eine andere Oma sagen: "Fick dich", die Pistole in der Hand. Ja und nein. Nein, das muss alles nicht sein, es nervt auch bisweilen; aber ja, denn es ist egal, wenn die Schauspieler so souverän von der Leine gelassen werden, dass sie schließlich ihren eigenen Krimi machen. Und wenn der auch kein Western ist, so ist das doch kein Fehler in Bayern. "Lieber Gott", dachte man vorab, "bitte nicht noch einen Fernseh-Krimi. Bitte. Und lass ihn nicht schmunzeln, den Graf Knuddel. Bitte." Und jetzt? Tja, bitte noch mehr von des Unknuddelbaren seltsamer Sippe.

Schwarzach 23, ZDF, Samstag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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