MSNBC streicht Talkshow:Zwei, eins, null

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MSNBC setzt die Show "Countdown with Keith Olbermann" ab. Damit verschwindet die streitlustigste Fernsehshow der amerikanischen Linken aus dem US-Programm. Warum?

Reymer Klüver

Es war ein Knaller am Freitagabend. Dies, sagte Moderator Keith Olbermann zur Überraschung seiner Zuschauer kurz vor Schluss der Abendsendung Countdown with Keith Olbermann, dies werde seine letzte Show sein. Keine Begründung, keine erklärenden Worte. Abgang eines Star-Moderators und Ende einer kleinen Ära im US-Fernsehen.

Offenbar war die Vertragsauflösung von Moderator Keith Olbermann bei MSNBC schon seit Wochen im Gespräch. (Foto: Reuters)

Olbermann ist nicht irgendwer im amerikanischen TV. Mit seinen bissigen Kommentaren hatte er seine einstündige Show seit 2003 zu einer stets verlässlich einseitig linken Tagesschau zur besten Sendezeit aufgebaut. Am damaligen Präsidenten George W. Bush ließ er kaum ein gutes Haar.

Barack Obama hingegen wurde im Wahlkampf gefeiert. Im Laufe seiner Präsidentschaft wuchs indes mit der Enttäuschung der Linken auch die Kritik an ihm in der Sendung.

Mit Olbermann etablierte sich MSNBC, der Kabelableger des Fernsehsenders NBC, als linkes Gegengewicht zu Rupert Murdochs rechtem Kabelkanal Fox News. Olbermann lieferte sich seit Jahren Fehden mit den Moderatoren-Stars von Fox, Bill O'Reilly und dem missionarischen Glenn Beck. Damit trug er allerdings selbst nicht wenig zur heftig kritisierten polarisierenden Rhetorik im US-Kabelfernsehen bei.

Erst vor zwei Wochen ging ein sichtlich bedrückter Olbermann nach den Todesschüssen von Tucson vor die Kamera und gelobte verbale Abrüstung - ein Versprechen, was nicht lange gehalten hat.

Das Zerwürfnis mit MSNBC hatte sich da bereits abgezeichnet, die Gespräche über eine Vertragsauflösung liefen offenkundig seit Wochen. Schon im November vergangenen Jahres hatten die Sender-Gewaltigen ihren Star für zwei Tage vom Bildschirm verbannt, als herausgekommen war, dass er den Demokraten Wahlkampfspenden hatte zukommen lassen.

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Die politischen Moderatoren bei MSNBC sind vertraglich zu Neutralität verpflichtet - im wirklichen Leben, nicht vor der Kamera. Doch schon damals wurde geraunt, dass hinter der Strafe mehr stecke als nur Ärger über die Spende.

Zuletzt wurde am Donnerstag in Branchenkreisen aufmerksam registriert, dass alle MSNBC- Moderatoren zu einer Präsentation für NBC-Werbekunden gekommen waren. Nur einer fehlte: der größte Star unter ihnen, Olbermann.

Da war offenbar schon klar, dass die Auflösungsverhandlungen vor dem Abschluss standen. Danach ist es Olbermann untersagt, sofort wieder als Moderator bei der Konkurrenz anzuheuern. Über die Länge der Beschränkung wurde genauso Stillschweigen vereinbart wie über die Höhe der Abfindungssumme.

Vor einem Jahr hatte NBC den Late-Night-Talker Conan O'Brien rausgeworfen. Er durfte ein Dreivierteljahr nicht vor die Kamera. Bei einem Schmerzensgeld von 45 Millionen Dollar (von denen zwölf Millionen an die Mitarbeiter der Show gingen) ließ sich das wohl aushalten. Damals waren die Gründe klar: O'Briens Quoten waren nicht überragend, er musste Platz machen für den Altstar der Late-Night-Talker, Jay Leno.

Im Fall von Olbermann sehen viele Fans einen Zusammenhang mit der Übernahme von NBC durch den Kabelgiganten Comcast, die in wenigen Tagen besiegelt werden dürfte. Genau wurde registriert, dass die Comcast-Chefs fast durchweg im vergangenen Wahlkampf für die Republikaner gespendet hatten.

Comcast beunruhigt diese Gerüchte offenbar so sehr, dass das Unternehmen noch am Freitagabend eine Erklärung abgab, in der es jedwede politische Einflussnahme abstritt. Richtig ist aber auch, dass der bisherige NBC-Boss Jeff Zucker, der seine schützende Hand über Olbermann gehalten hatte, selbst im vergangenen Herbst gehen musste.

Es ist indes nicht das erste Mal, dass sich Olbermann mit einem Arbeitgeber überworfen hätte. Er hatte als Sportreporter begonnen und war nach Stationen bei TV-Sendern in New York, Boston und Los Angeles in den 90er Jahren als Moderator beim Sportkabelsender ESPN eine Fernsehberühmtheit geworden.

Als er den Job 1997 nach fünf Jahren aufgab, hinterließ er wenig Freunde. "Er hat hier nicht nur alle Brücken verbrannt, er hat sie mit Napalm bombardiert", sagte ein ESPN-Manager damals.

Zu der Zeit kam Olbermann zum ersten Mal zu MSNBC. Doch schon da stand kein guter Stern über seinem Verhältnis zum Sender: Nach einem Jahr ging man auseinander.

2003 heuerte er indessen wieder an, diesmal als Moderator seiner eigenen Show Countdown with Keith Olbermann. Nun ist er bei MSNBC bei Null angekommen.

© SZ vom 24.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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