Medien in Belarus:"Nicht tatenlos zusehen"

Lesezeit: 1 min

Swetlana Tichanowskaja bei ihrem Besuch in Deutschland, hier mit Außenminister Heiko Maas. (Foto: Ronny Hartmann/imago images/photothek)

Die belarussische Oppositionsführerin Tichanowskaja sieht den fehlenden Zugang zu Informationen als großes Problem in ihrem Land und meint: Deutschland könne da helfen. Unterstützung kommt von FDP-Chef Lindner.

Von Daniel Brössler

Es war eine neue Art der Waffenhilfe. Als sich der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko mit der Bitte um Unterstützung gegen die Protestbewegung im Land an den russischen Präsidenten Wladimir Putin wandte, schickte der Kremlchef: Journalisten. Russen haben in den staatlich kontrollierten Medien den Platz von Belarussen eingenommen, die sich weigern, noch länger Lukaschenkos Propaganda zu verbreiten. Ausländischen Journalisten wurde die Akkreditierung entzogen, dem unabhängigen Online-Portal tut.by der Pressestatus. In dieser Woche kam die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zu Besuch nach Berlin, sie nannte dabei den Zugang zu wahrhaftigen Informationen als eines der großen Probleme in ihrer Heimat. Deutschland solle, bat sie, einen Beitrag leisten gegen die Desinformation, etwa mit einem russischsprachigen Fernsehprogramm der Deutschen Welle. Bisher sendet der Auslandssender sein TV-Programm in Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch; Radio- und Onlineinhalte werden in 30 Sprachen verbreitet.

Nach einem Treffen mit Tichanowskaja hat nun FDP-Chef Christian Lindner die Forderung aufgegriffen. "Der Strategie des Autokraten Lukaschenko der Abschottung der belarussischen Bevölkerung können wir aus dem Westen nicht tatenlos zusehen", schrieb er in einem Brief an den Intendanten der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg. Ein russischsprachiges Vollprogramm könne einen wichtigen Beitrag leisten. "Es würden die Menschen in Belarus und Russland profitieren, weil viele von ihnen keine Fremdsprachen sprechen und der Zugang zu Onlineangeboten mit Internetsperren und Zensur blockiert werden kann", schrieb Lindner. Außerdem könnten auch aus Russland stammende Migranten in Deutschland erreicht werden, die so eine russischsprachige Alternative zu den vom Kreml kontrollierten russischen Medien erhielten. Die FDP sei bereit, sich im Bundestag für zusätzliche Finanzmittel einzusetzen. Die Deutsche Welle wird, anders als die öffentlich-rechtlichen Inlandssender, nicht durch den Rundfunkbeitrag, sondern aus Steuermitteln des Bundes finanziert.

DW-Intendant Limbourg reagierte zurückhaltend. "Ein russischsprachiges TV-Vollprogramm zu realisieren, ist eine kostspielige und aufwendige Möglichkeit", sagte er. Sinnvoll sei aber "ein deutlicher Ausbau unserer digitalen Video- und Audioformate für die Region". So sei seit den Wahlen die Nutzung der russischsprachigen Online-Angebote der Deutschen Welle in Belarus stark gestiegen. Wöchentlich gebe es derzeit zwei Millionen Nutzer.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: