MDR-Talkshow:"Ich kriege mein Leben zurück"

Lesezeit: 3 min

  • Jörg Kachelmann kehrt im Januar als Moderator der MDR-Talkshow Riverboat ins Fernsehen zurück.
  • Schon in den Jahren nach 1997 hatte er für die Sendung gearbeitet.
  • Kachelmann sieht sein Riverboat-Engagement als Teil einer privaten Comeback-Strategie.

Von Hans Hoff

Das, was der MDR an diesem Freitag von 22 Uhr an in seinem dritten Programm zeigt, ist nicht neu. Die aktuelle Ausgabe der Talkshow Riverboat wurde im Dezember aufgezeichnet, und sie ist nach Aussagen des Moderators in einem gerade erschienenen Zeit-Interview gerade mal "so mittel" geraten. Dafür sei die zweite Aufzeichnung, die auch aus dem Dezember stammt und die in der nächsten Woche zu sehen sein wird, besser geworden. Nun wäre die Qualität einer im Regionalfernsehen ausgestrahlten Plauderrunde mit Gästen wie den Sängern Gunther Emmerlich und Helmut Lotti, dem Komiker Rüdiger Hoffmann oder dem Trüffeljäger Gunter Kahlo keiner besonderen Erwähnung wert, hieße nicht der künftige Moderator an der Seite von Kim Fisher Jörg Kachelmann.

Für den ist der neuerliche Einsatz beim Riverboat gleich ein doppeltes Comeback. Zum einen hat er auf dem mitteldeutschen Unterhaltungsdampfer in den Jahren nach 1997 schon mehrmals angeheuert und die damals nicht nur gelegentlich etwas schluffige Gesprächsveranstaltung mit seiner besonderen Art hier und da kräftig durchgeschüttelt; zum anderen ist es nach sehr langer Pause auch die Rückkehr ins "richtige" Fernsehen. Zwar kann man Kachelmann immer mal wieder bei Youtube oder bei Spiegel Online entdecken, wo er wie früher in der ARD seinen Senf zum anstehenden Wetter beisteuert. Aber ins richtige, also ins lineare Fernsehen hat er es dann doch sehr lange nicht geschafft. Dass es jetzt geklappt hat, ist auch und vor allem dem Personalkarussell zu verdanken, das sich seit Jörg Kachelmanns Abschied vom Bildschirm kräftig gedreht hat. "Kachelmann kommt nach Hause. Und das ist gut so! Mit seiner unverblümten Art wird er unser Riverboat bereichern", sagte MDR-Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi, als er im Herbst die Nachricht verkündete.

Dirty Dancing
:Getanzter Dreck

Wie ein Remake auf keinen Fall sein sollte: RTL zeigt eine Neuverfilmung des Klassikers von 1987. Sie ist so schlecht, dass sie abwechselnd Krampfadern und Heulkrämpfe verursacht.

Von Bernd Graff

Die Euphorie im Sender ist vor allem deshalb so bemerkenswert, weil der MDR bekanntlich zur ARD zählt, die in Kachelmanns schweren Tagen keine besonders gute Figur gemacht hat, als er 2010 in Haft genommen wurde und sich einer Vergewaltigungsklage gegenübersah. Auf einmal schien Kachelmanns Liebesleben von starkem öffentlichem Interesse zu sein, weshalb sich vor allem diverse Boulevardmedien, allen voran die Bild-Zeitung aus dem Hause Springer, mit Lust über den Inhaftierten hermachten und einer medialen Vorverurteilung Tür und Tor öffneten. Das änderte sich selbst dann kaum, als Jörg Kachelmann 2011 freigesprochen wurde.

Sein Engagement in der ARD, wo er häufig und gern als Wettererklärer engagiert wurde, endete schlagartig mit der Verhaftung. Der Mann, der gerade noch hochgelobter Experte bei den Olympischen Winterspielen in Kanada war, galt plötzlich als Persona non grata. "Das war sehr, sehr schwer auszuhalten", sagte er 2017 in einem Panorama-Beitrag, in dem es darum ging, dass auch nach einem Freispruch immer etwas hängen bleibt. "Dass sich niemand nur mal gemeldet hat", sagte er, "das hat schon sehr wehgetan." Alle Verantwortlichen bei der ARD seien damals abgetaucht. Obwohl Kachelmanns Unschuld erwiesen war, machte der öffentlich-rechtliche Senderverbund keine Anstalten, wieder mit ihm zusammenarbeiten zu wollen.

"Jetzt wird alles gut! Isch gomm heeme"

Dass Kachelmann nun doch beim Riverboat gelandet ist, begründet er selbst im Zeit-Interview damit, dass jene Personen, die damals Verantwortung getragen hätten, nicht mehr im Amt seien. Die neuen Menschen, mit denen er beim MDR verhandle, seien dementsprechend unbelastet und müssten kein schlechtes Gewissen haben. Kachelmann sieht sein Riverboat-Engagement als Teil vier einer privaten Strategie. Zu der gehöre, dass erstens die Falschbeschuldigerin verurteilt wurde, was inzwischen geschehen sei; dass der Staatsanwaltschaft Mannheim verboten wurde zu lügen und dass der Springer-Verlag zu einer hohen Schmerzensgeldzahlung verurteilt wurde. All das sei geschafft, sagt er. Teil vier seiner Strategie lautet: "Ich kriege mein Leben zurück." Dafür stehe sein Job beim MDR.

Dementsprechend übte er sich im Oktober in Euphorie. "Jetzt wird alles gut! Isch gomm heeme", jubelte er per MDR-Pressemitteilung. "Nach so vielen Jahren Riverboat, Wetterstationseinweihungen und Verwandtschaftsbesuchen in der Metropole Borna ist Sachsen seit jeher mein häufigster Aufenthaltsort außerhalb der Schweiz gewesen." Der Verweis auf die Verwandtschaft in Borna und ihre ausdrückliche Erwähnung durch Kachelmann ist natürlich auch eine Verbeugung für den sehr in seiner Region verhafteten Sender, der ihm nun wieder die Tür öffnet. Da mag der Umstand, dass MDR-Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi ausgerechnet in Borna geboren wurde, keine Rolle gespielt haben. Gut für die Stimmung dürfte es aber allemal gewesen sein.

Riverboat , MDR, 22 Uhr.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDeutsches Kino
:Es war einmal in Schwabing

"Zur Sache, Schätzchen": May Spils und Werner Enke haben deutsche Filmgeschichte geschrieben. Bis heute träumen sie von der wilden Zeit in München.

Von Ekaterina Kel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: