Gleich vorweg: Die beiden Serien laufen zwar am selben Abend an, haben aber nichts miteinander zu tun. Ihre Protagonistinnen würden sich vermutlich nicht einmal gut verstehen. Trotzdem lohnt ein Vergleich der beiden Hauptpersonen.
Jane, aus Jane the Virgin, ist eingefleischte Romantikerin. Am liebsten guckt sie ihre schnulzigen Telenovelas und beißt - wenn der Protagonist seine Angebetete leidenschaftlich küsst - nicht minder leidenschaftlich in ihr geliebtes Käsesandwich. Ganz im Gegensatz zu Gretchen aus You're the Worst: Ihre Lebensaufgabe? Sich niemals verlieben.
Sie hat ein tiefenentspanntes Verhältnis zu ihrem Körper. Er hält sich lieber bedeckt - und steht am Ende entblößt da. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.
Auch in Punkto Sex könnten die Frauen nicht unterschiedlicher sein: Janes Herz und Körper gehören ausschließlich ihrem Freund Michael. Mit ihm schlafen möchte sie aber nicht - zumindest nicht vor der Hochzeit -, um ihre tiefreligiöse Großmutter nicht zu enttäuschen. Gretchen dagegen hat dauernd Sex, meistens Kaugummi kauend, Emotion ist für sie ein Fremdwort. Jane und Gretchen leben mehr oder weniger moderne Beziehungsmodelle - mit einer entscheidenden Gemeinsamkeit: Die Frau hat das Sagen, so oder so.
Aus Versehen künstlich befruchtet
Die Männer spielen in beiden Serien zunächst mit - doch natürlich gibt es jeweils eine Wendung. Gretchens Affäre Jimmy verliebt sich in sie. Und Jane, die Jungfrau, wird schwanger. Allerdings nicht von ihrem Freund, sondern unbefleckt: Ihre Frauenärztin verpasst ihr versehentlich eine künstliche Befruchtung - von einem anderen Mann.
Jane the Virgin entspinnt sich dann im Stile einer südamerikanischen Telenovela, wie sie Protagonistin Jane ja selbst liebt. Dazu gehört auch ein allwissender Erzähler, der die Geschehnisse immer wieder für den Zuschauer zusammenfasst. Leider geht der Charme der ironisch-kommentierenden Off-Stimme in der deutschen Übersetzung verloren. Trotzdem ist sie unverzichtbar, denn die Logik einer Telenovela ist das Unlogische: Gibt's doch nicht!? Gibt's wohl.
So handelt es sich beim Vater von Janes ungeborenem Kind um Hotelbesitzer und Ex-Playboy Rafael. Der liefert nicht nur einen attraktiven Genpool, sondern ist zufällig auch der frühere Schwarm der Protagonistin. Es könnte also alles so schön sein - wäre da nicht Rafaels intrigante Frau Petra. Die gerät dann auch noch ins Visier der Polizei in Person von Janes Freund Michael. Um nur zwei Erzählstränge zu nennen.
Der Plot von Jane the Virgin ist extrem verquickt, im Verlauf der ersten zwei Episoden werden immer neue Verbindungen der Haupt- und Nebenpersonen aufgedeckt. Plot twists, also Momente, in denen die Serienmacher den bisherigen Verlauf der Dinge über den Haufen werfen, sind tonangebend.
"Ich habe gehört, du bist der Schlimmste?"
Auch You're the Worst fährt ein hohes Tempo. Die Eingangssequenz ist vielleicht die pessimistischste Hochzeitsszene der amerikanischen Seriengeschichte: "Es ist einfach großartig zu sehen, wie vielen Menschen wir etwas bedeuten", schmalzen Braut und Bräutigam von der Bühne und die Kamera schwenkt zum ersten Mal zu Griesgram Jimmy. Nicht mehr lange, dann lässt der seinem angestauten Hass auf so viel Liebesduselei freien Lauf - und wird vor die Tür bugsiert.
Dort trifft er auf Gretchen, die ihm ihre ganz persönliche Gretchenfrage stellt: "Ich habe gehört, du bist der Schlimmste?" ("You're the worst?") Sekundenschnell haben die beiden Singles ihre Gemeinsamkeiten definiert: Menschenhass, Liebes- und Lebensverweigerung. Die beiden landen im Bett - und dann kommt der Moment, der die Geschichte verändern wird: Jimmy legt Gretchen zärtlich die Hand auf die Wange.
Liebe ohne Sex, Sex ohne Liebe - Sixx bringt mit Jane the Virgin und You're the Worst gegensätzliche Beziehungsmodelle an einem Abend zusammen. Das ist nicht nur inhaltlich spannend, sondern bietet auch für jeden Zuschauer etwas. Zumindest aus Sendersicht: Happy End wahrscheinlich.
Jane the Virgin, Doppelfolge ab 20.15 Uhr / You're the Worst, Doppelfolge ab 22.55 Uhr, montags auf Sixx