Interview mit Freya Barschel:"Mein Mann bewacht mich sehr gut"

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Die Witwe von Uwe Barschel glaubt, dass ihr Mann immer noch bei ihr ist. Deshalb hat sie über ein Medium Kontakt zu ihm aufgenommen.

Martin Zips

Der Name Uwe Barschel steht für einen der größten Polit- und Medienskandale in der deutschen Geschichte. Der CDU-Politiker war von 1982 bis 1987 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Ihm wurde vorgeworfen, seinen politischen Gegner Björn Engholm (SPD) aus wahlkampftaktischen Gründen ausspioniert zu haben, was Barschel jedoch eidesstattlich bestritt. In einem Genfer Hotel, in dem Barschel angeblich einen Entlastungszeugen treffen wollte, wurde er am 11. Oktober 1987 von zwei Reportern des "Stern" tot in einer Badewanne entdeckt - und fotografiert. Die genauen Umstände seines Todes wurden nie geklärt. Seine Frau Freya Barschel, 63, geborene von Bismarck, lebt heute noch immer in dem Haus der Familie in Mölln.

Uwe Barschel mit seiner Frau Freya nach der Wahl zum schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten im Jahr 1982. (Foto: dpa)

Süddeutsche Zeitung: Frau Barschel, stimmt es, dass Sie mit Ihrem vor 23 Jahren in einem Genfer Hotel tot aufgefundenen Ehemann, dem CDU-Politiker Uwe Barschel, kürzlich in Kontakt getreten sind?

Barschel: Ja. Das stimmt.

SZ: Wie ist das gelaufen?

Barschel: Ich spielte schon seit Jahren mit dem Gedanken, über ein Medium einen Kontakt zu meinem Mann herzustellen. Ich suchte also eine Art Dolmetscherin zwischen Diesseits und Jenseits. Als mich ein privater Fernsehsender mit der Schweizerin Kim-Anne Jannes bekannt machte, spürte ich, dass uns das gemeinsam gelingen könnte. Aber hätte es nicht diese Erlebnisse im Haus gegeben, dann hätte ich das natürlich nicht gemacht.

SZ: Welche Erlebnisse?

Barschel: Mal sind die Lichter von selbst aus- und dann wieder angegangen. Auch der Fernseher wurde ohne mein Zutun ein- und ausgeschaltet. Andere mögen darüber lachen. Aber für mich ist seitdem klar, dass mein Mann immer noch energetisch im Haus anwesend ist. Und er bewacht mich sehr gut.

SZ: Das klingt geisterhaft.

Barschel: Ich wusste schon vor dem Tod meines Mannes, dass es solche Phänomene gibt, und es überrascht mich eigentlich auch nicht. Schließlich waren mein Mann und ich sehr eng miteinander, wir haben vier Kinder und haben sehr oft das Gleiche gefühlt oder gedacht. Und ich bin mit solchen Erlebnissen ja nicht allein. Die Frau des verstorbenen Arztes Julius Hackethal berichtete mir einmal von sehr ähnlichen Dingen, die sich auch in ihrem Haus nach dem Tod ihres Mannes abspielten.

SZ: Ja, aber das ist doch Hokuspokus.

Barschel: Es ist kein Hokuspokus! Die Frau aus der Schweiz wusste so viele Dinge über mich und meinen Mann, die sie gar nicht wissen konnte.

SZ: Der Fernsehsender lässt verbreiten, Ihr Mann habe zu Ihnen gesprochen. Angeblich soll Sie seine Stimme bestärkt haben, dass er ermordet worden ist.

Barschel: Das werden Sie dann in der Sendung Ende Oktober erfahren.

SZ: Na, über so eine PR werden sich Fernsehsender und Hellseherin aber freuen. Frau Barschel, Ihr Mann Uwe wurde 1987 angezogen in einer vollen Badewanne in seinem Hotelzimmer tot aufgefunden. Man spekulierte über Waffengeschäfte, Spitzeleien im Landtagswahlkampf. Man rätselte über seine Verbindungen in die DDR oder zu Politikern in Südafrika. Sollte er ermordet worden sein: Wer hat ihn ermordet?

Barschel: Das bleibt die Frage. Unser Anwalt ist gegen eine Wand des Schweigens gelaufen. Auch der Oberstaatsanwalt konnte nicht so ermitteln, wie er es sich gewünscht hat, das hat er immer wieder gesagt. Erst kürzlich erzählte er noch einmal, wo ihm überall Steine in den Weg gelegt wurden und wo er überall behindert wurde bei der Wahrheitsfindung. Welcher Geheimdienst da welche Fäden gezogen hat, das kann ich nicht sagen.

SZ: Wie oft werden Sie heute noch auf Ihren Mann angesprochen?

Barschel: Nicht mehr so oft wie früher. Aber wenn, so immer nur positiv. Die Leute glauben alle, dass es Mord war. Jeder, der meinen Mann kannte, weiß: Für ihn zählte immer nur der Mensch. Das sagen selbst die Leute, die in der SPD sind.

SZ: Haben Sie alte Zeitungsberichte über Ihren Mann aufbewahrt?

Barschel: Ja. Einige habe ich ausgewählt und aufgehoben.

SZ: Auch das berühmte Foto des Stern-Reporters aus dem Genfer Hotelzimmer?

Barschel: Nein!

SZ: Hatte eigentlich die Frage, ob es Mord oder Selbstmord war, irgendeine Auswirkung auf Ihre Pensions- oder Rentenansprüche?

Barschel: Nein.

SZ: Wie gedenken Sie heute Ihres Mannes?

Barschel: Hier im Esszimmer stehen eine Kerze und ein Foto, die an ihn erinnern. Aber ich sage Ihnen heute ganz klar: Wenn ich mich noch einmal neu verliebt hätte, dann wäre auch das in Ordnung gewesen. Es hat sich aber nicht ergeben. Und erzwungen habe ich auch nichts. Mein Mann hätte jedenfalls sicher nichts gegen eine neue Beziehung gehabt, das weiß ich ganz genau.

SZ: Kontakt zum Jenseits - betrachten Sie die Sache nicht selber mit einem kleinen Augenzwinkern?

Barschel: Überhaupt nicht. Mir ist das todernst.

SZ: Eine andere Frage ist ja, ob es sinnvoll ist, sich bei solch intimen Dingen vom Kamerateam eines privaten Fernsehsenders begleiten und womöglich sogar vorführen zu lassen.

Barschel: Das war meine Entscheidung. Dazu stehe ich. Das Schicksal meines Mannes interessiert ja viele Menschen.

SZ: Auf welchem Friedhof liegt Ihr Mann begraben?

Barschel: Mein Mann liegt auf dem protestantischen Friedhof hier in Mölln, ich besuche sein Grab regelmäßig. Erst gerade hat mich der katholische Pfarrer angerufen.

SZ: Der katholische Pfarrer?

Barschel: Er war wutentbrannt wegen eines Artikels in den Lübecker Nachrichten über mich. Die Journalisten haben die Kontaktaufnahme mit meinem Ehemann als Humbug dargestellt. Der Pfarrer hat mich aufgemuntert. Er sagte, viele Menschen würden an Engel glauben. Mein Glaube sei da auch nicht viel anders.

SZ: Die evangelische Kirche kritisiert, dass diese Sendung ausgerechnet am Reformationstag ausgestrahlt werden soll. Zudem sei eine "Hellseherin, die Kontakt mit Toten zu haben behauptet, im 21. Jahrhundert überholt".

Barschel: Ach, jeder hat solche Erfahrungen schon gemacht, ob er es zugibt oder nicht. Merkwürdig, dass man darüber nicht laut berichten darf. Da heißt es gleich: Die spinnt doch.

SZ: Interessieren Sie sich heute denn noch für Politik? Schauen Sie noch die Nachrichten im Fernsehen an, verfolgen Sie die Geschicke der CDU?

Barschel: Gelegentlich höre ich Radio. Aber es interessiert mich eigentlich nicht. Ich möchte mich eher mit den schönen und guten Dingen im Leben beschäftigen und noch möglichst lange für meine Enkelkinder da sein.

© SZ vom 25.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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