HBO-Serie "Game of Thrones":Die Klatschreporter von Westeros

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Das adelige Treiben bei "Game of Thrones" erzeugt Spekulationen und Gerüchte wie die klassische Klatschpresse. (Foto: HBO, istock; SZ-Grafik)

Die Gier nach Adel treibt nicht nur Fans der europäischen Aristokratie um. Auch "Game of Thrones" motiviert im Internet zum Expertentum.

Von Benedikt Frank

In Lederrüstung reitet die blasse Gestalt am Buckingham Palace vorbei, grimmig blickt sie in die Kamera. Der Reiter ist ein Weißer Wanderer, eine magische Kreatur aus der HBO-Serie Game of Thrones, seine Figur verkörpert eine Katastrophe, die den Bewohnern des fiktiven Kontinents Westeros nun bereits seit sechs Staffeln droht und die nun offenbar wirklich eintrifft: Die Weißen Wanderer ziehen mit einer Armee von tiefgefrorenen Untoten gegen die Menschen in den Krieg.

Der Ritt durch London am Dienstag war Teil einer Werbeaktion, die Fantasy-Welt und Realität in einer Fotogelegenheit kollidieren ließ. Dass ausgerechnet der königliche Palast zur Kulisse wurde, ist keineswegs Zufall. Game of Thrones, das steckt schon im Titel, ist eine Serie über den Machtkampf von Königen. Wer bei den vielen royalen Konflikten noch durchblicken will, der muss schon ein gewisses Expertentum für den fiktiven Hochadel entwickeln.

Schon eine Sekunde Trailer reicht für eine völlig neue Hypothese

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Adelsberichterstattung richtet sich ja normalerweise an Leser(innen), die die Krönung der Queen 1953 noch live erlebt, weite Teile der Popkultur aber verpasst haben. Ganze Regale sind gefüllt mit Klatschblättern, die Mitgliedern des europäischen Hochadels eheliche Untreue, schwere Krankheiten und Eifersuchtsdramen andichten. Das Getratsche dieser Hefte ist unautorisierte Fiktion für die Fans der europäischen Adels-Franchises. Doch auch Fans der Serie Game of Thrones gieren nach adeligem Konfliktmaterial, und während die Regenbogenpresse meist gegen den Willen der adeligen Protagonisten handelt, gehört das Eigenleben von Gerüchten zur Marketingstrategie der Game-of-Thrones-Macher. Sie halten ihre Geschichte so während der langen Sendepausen warm.

Das Expertentum zum Adel in Westeros findet, klar, nicht auf Knitterpapier statt, sondern online. Es beginnt faktenorientiert. Freiwillige Klatschreporter pflegen akribisch Online-Enzyklopädien, in denen sämtlichen Prinzessinnen und deren Schwippschwagern ellenlange Einträge gewidmet sind, weitverzweigte Stammbäume ordnen jeden in die Thronfolge ein. Lücken in der Erzählung füllen die Anhänger der Königshäuser von Westeros mit eigenen Theorien. Ein anderes Standbein der Fanmedien ist die großzügige Interpretation jedes neuen Informationsfetzens. Ein wenige Sekunden kurzer Trailer ist Grund für eine Eilmeldung - inklusive Spekulationen, was ein Blick ins Leere über das Seelenleben einer Figur und das Machtgefüge der Häuser bedeuten könnte. Wie im Klatschmagazin.

Die beliebteste Frage: Welche tot geglaubten Charaktere könnten wiederkommen? Gefälligerweise ist die innere Logik der Fantasy-Welt sehr dehnbar und Wiederauferstehung dank Magie möglich. Die Fantasie der Fanreporter kann folglich die von Zeitschriftenredakteuren bei Frau mit Herz oder Die Aktuelle noch übersteigen. "Lady Di wiederauferstanden!" können selbst diese nicht titeln und greifen zum Nächstbesten: Genesung der Unheilbaren und Comebacks als Wiedergeburten im Kleinen.

So frei wie heute waren die Westeros-Adelsexperten nicht immer. Lange konnte man jeder Spekulation die Romanvorlage als Faktencheck entgegenhalten. Von George R. R. Martins bisher fünfbändigem " Lied von Eis und Feuer " hat die Serie sich aber mittlerweile so weit emanzipiert, dass sie auch ohne ihren Erfinder auskäme. Mit Staffel sechs überholte die Serienhandlung die der Bücherreihe. Die nun kurz bevorstehende siebte Staffel soll zwar die vorletzte sein, mehrere Spin-offs sind aber bereits in Planung. Da deren Handlung wohl kaum nach einer bürgerlichen Revolution nach französischem Vorbild angesiedelt sein dürfte, wird es an dramatischen Schicksalen fiktiver Blaublüter weiter nicht mangeln.

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Game of Thrones , von der Nacht auf Montag an abrufbar bei Sky; montags, Sky Atlantic, 20.15 Uhr.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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