Neuer "Stahlwerk Doppelpass"-Moderator:"Da fliegen die Fetzen"

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"Ich bin kein Kumpeltyp": Moderator Florian König, noch zu RTL-Zeiten. (Foto: TV Now)

Florian König über sein Verhältnis zu Fußball-Talks, Gleichberechtigung und Phrasenschwein.

Von Harald Hordych

Florian König, 53, moderiert für RTL seit mehr als 25 Jahren die Übertragungen von Formel 1, Boxen und Skispringen. Seit 2014 begleitet er auch die Qualifikationsspiele der Fußballnationalmannschafft, zuletzt mit Uli Hoeneß als Experte. Am Sonntag wird König nun zum ersten Mal die Fußball-Talkshow Stahlwerk Doppelpass bei Sport 1 moderieren. Ein Gespräch über Fußball-Nerds, prominente Sprücheklopfer und Themen zwischen rosaroter Vereinsbrille und Rassismusdebatte.

SZ: Herr König, freuen Sie sich schon aufs Phrasenschwein?

Florian König: Ich freue mich auf die Sendung und auf das Phrasenschwein. Es gehört halt dazu und ist lustig. Aber immer, wenn die Musik einsetzt und jemand pro Phrase drei Euro reinwirft, ist das auch eine Unterbrechung des Gesprächsflusses.

Von den Entertainern Rudi Brückner und Jörg Wontorra über den klugen Ex-Profi Thomas Helmer bis zu Ihnen: Wird die Sendung nun endgültig seriös?

Weiß nicht, ob man das so sagen kann. Ich nehme das, worüber ich berichte, ernst. Ich möchte nicht den Fußball nutzen, um mich zu profilieren. Es geht mir um die Sache. Ich kann natürlich nicht wie Helmer sagen: Ich war ja '96 in Wembley auch dabei. Ich kann nur argumentativ überzeugen. Schlaue Fragen stellen. Ich glaube, ich bin verbindlich, freundlich, fair. Aber ich bin kein Kumpeltyp. Das wissen die bei Sport 1, die haben mich so eingekauft, wie ich bin.

Thomas Helmer hat nur sehr sparsam in die Fachsimpelei eingegriffen. Wie sind da Ihre Ambitionen?

Ich würde schon gerne das Gespräch führen. Natürlich sollen die Gäste auch miteinander reden, klar, aber mein Anspruch ist, dass ich die Themen setze, dass ich auch mal das Gegenargument liefere. Ich werde, um mit Dressurkommentator Carsten Sostmeier zu sprechen: die Verbindung zwischen Pferd und Reiter etwas straffen.

Da klingt durch, dass Sie den Fußall-Talk schon lange verfolgen.

Schon immer. Es sei denn, ich war wegen der Formel 1 unterwegs.

Was gefällt Ihnen daran?

Dass frei und offen geredet wird, dass es oft handfest zugeht. Und dass man nicht weiß, wie es ausgeht. Manchmal schaltet man ein, und die reden über ein Thema, bei dem man denkt: Weiß nicht, ob mich das jetzt interessiert. Und plötzlich nimmt die Diskussion Fahrt auf. Da fliegen die Fetzen. Das ist eine Wundertüte.

Und damit auch eine ziemliche Herausforderung.

Ja, im Fernsehen wird mittlerweile alles mehr und mehr formatiert, vorgeschrieben, gescriptet. Da ist der unberechenbare Sport sowieso eine Insel - und die Sendung erst recht, weil man kaum vorplanen kann, wie so ein Gespräch läuft, das bis zu zweieinhalb Stunden dauert. Das kann lang sein.

Ist das nicht ein Selbstläufer: Nerds diskutieren für Nerds?

Auf keinen Fall darf diese Sendung zu nerdhaft sein. Fußball findet inzwischen jeden Tag der Woche irgendwo statt. Ständig wird berichtet. Anders als vor 25 Jahren hat man deshalb am Sonntag zum Sendetermin nicht mehr sehr viele Themen, über die noch nicht gesprochen wurde. Also kommt der Art der Aufarbeitung große Bedeutung zu. Man darf nicht nur mit der rosaroten Brille über alle komplizierten Themen hinweggehen.

Heißt das, es wird dann auch mal über bisher eher vernachlässigte Themen wie Doping gesprochen?

Wenn es einen Dopingfall in der Bundesliga gibt, dann muss das ein Thema werden. Oder nehmen Sie die Corona-Diskussionen vom vergangenen Jahr: Dürfen Zuschauer in die Stadien? Solche Themen müssen eine Rolle spielen, wenn sie akut sind. Was ich nicht möchte, ist eine Liste, von der zeitlose Themen abgearbeitet werden: Wann machen wir Gender-Gerechtigkeit? Wann Rassismus? Das wäre mir zu billig.

Aber das Thema Rassismus ist doch derzeit virulent. Siehe das Bashing der englischen Elfmeterschützen. Das kann und muss man doch jederzeit setzen.

Das versteht sich von selbst. Dieses Thema ist mir auch persönlich sehr wichtig. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass sehr oft die Aktualität die Themen bestimmt.

Muss in einer solchen Sendung nicht auch das System Profifußball und der schwer angeschlagene DFB mehr infrage gestellt werden?

Ich habe nicht den Eindruck, als wäre das bisher nicht passiert. Und das wird auch weiter so sein, aber ganz grundsätzlich überall nur das Negative zu suchen, finde ich auch nicht richtig. Das ginge auch am Empfinden unserer Zuschauerinnen und Zuschauer vorbei.

Sie werden ja gleich mit mehreren ehemaligen Stars zu tun haben, die mit großem Ego antreten. Keine ganz neue Rolle für Sie: Bei der Formel 1 haben Sie immerhin zwei Jahrzehnte mit Niki Lauda moderiert. Was hat Ihnen diese Zeit gebracht?

Sehr viel. Niki hat mir immer sehr direkt gesagt, was er gerade von mir hält. Als ich mich besser mit der Formel 1 auskannte, habe ich immer mal wieder Feststellungen nach dem Motto "Hallo, ich weiß auch was" gemacht, statt ihm eine Frage zu stellen. Er war dann nur noch dafür da, diese Feststellung zu bestätigen. Das mochte er überhaupt nicht. Und zwar zu Recht.

Lauda war konzentriert und unprätentiös. Bei den Fußball-Promis sind auch Sprücheklopfer dabei, allen voran Mario Basler. Das macht den Doppelpass für viele attraktiv, aber für den Moderator nicht leicht, oder?

Die Sprüche-Dichte bei Mario Basler ist ja seine große Stärke. Der bringt die Dinge damit oft voll auf den Punkt, und ich finde ihn unglaublich unterhaltsam. Ich habe ihm aber vor Kurzem auch gesagt: Stell dich drauf ein, dass ich nicht alles, was du sagst, mit Beifall goutieren, sondern auch mal sagen werde: Jetzt lass uns das mal von der anderen Seite betrachten.

Solche Sprüche leben ja oft von der Grenzüberschreitung.

Genau wie Witze das tun. Ich weiß nicht, ob jemand eine politisch-korrekte Fußballsendung sehen will über zweieinhalb Stunden. Das wird vielleicht langweilig. Ich hoffe, dass ich aufmerksam genug sein werde, damit wir das richtige Maß wahren.

Sie arbeiten seit 25 Jahren in der TV-Sportberichterstattung: Was hat sich verändert?

Der Sport ist in dieser Zeit zusehends eventisiert worden. Woran auch RTL nicht unbeteiligt war. Mir gefiel diese Entwicklung, weil mir vorher alles doch sehr sachlich und trocken erschien. Mittlerweile gibt es Tendenzen, dass wir Reporter uns selber mehr und mehr in den Fokus stellen, Social Media ist da für viele sehr verführerisch. Ich sehe das kritisch.

Sie wollen also nicht im Zentrum stehen?

Ich sehe mich als Dienstleister für die Zuschauer. Wenn ich eine Fähigkeit besitze, dann sicherlich die, mich selber zurückzunehmen. Das darf aber auch nicht zu viel passieren, damit ich nicht irgendwann in der Kulisse verschwinde.

Sie brauchen keine Aufmerksamkeit?

Gar nicht wahrgenommen zu werden, ist blöd. Aber ständig über sich und die eigene Arbeit Kritiken zu lesen, ist auch nicht immer angenehm. Das merke ich auch jetzt wieder, unglaublich, wie viele Leute mich auf den Doppelpass ansprechen. Da merkt man wieder: Fußball ist in Deutschland eine ernste Sache. Da wird alles kritischer beäugt als zum Beispiel bei der F1-Berichterstattung.

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Der Doppelpass wurde immer von Männern moderiert. Ist das alternativlos?

Jetzt fange ich da ja gerade erst mal an, und da fällt es mir schwer, darüber nachzudenken, ob mein Nachfolger vielleicht eine Frau sein sollte. Auf jeden Fall wollen wir bei der Besetzung der Gästeliste weiblicher werden, weil es der Diskussionskultur guttut. Aber, da gibt es eine Schwierigkeit: Männer haben nie ein Problem, in eine Talkrunde zu gehen und über ein Thema zu reden, in dem sie nicht 100 Prozent Expertise haben. Frauen sind da oft sehr selbstkritisch und zurückhaltender.

Können Sie nicht gerade in einem solchen Männerformat aktiv gegen die Anfeindungen von Kommentatorinnen vorgehen?

Wenn Kolleginnen angefeindet werden, einfach nur weil sie Frauen sind, dann ist das aufs Schärfste zu verurteilen. Und ja, bei aller legitimen fachlichen oder inhaltlichen Kritik, der wir uns alle stellen müssen: Ich werde genau darauf achten, dass wir unseren Teil dazu beitragen, diese Exzesse zu bekämpfen.

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