Doku-Reihe:Last Minute

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Sandurlaub: Mit 80 Jahren um die Welt-Teilnehmer Christina und Bernd beim Kamelreiten in der Wüste nahe Dubai. (Foto: ZDF und Tom Strohmetz)

Das ZDF schickt eine betagte Reisegruppe um die Welt. Sechs grundverschiedene Senioren, die nicht viel von der Welt gesehen haben und das begeistert nachholen. Einer von ihnen wird nie zurückkehren. Trotzdem oder gerade deshalb ist die Sendung eine Feier des Lebens.

Von David Denk

Die Dispo - kurz für Tagesdisposition - ist das Rückgrat jeder Fernsehproduktion. Durchkreuzt das Leben die Planung, ist die Gefahr groß, dass alles zusammenbricht, auch und gerade in der TV-Unterhaltung. So hat sich etwa Wetten dass ..? nie wieder vom schweren Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch im Jahr 2010 erholt. Das Format, dieser bunte Abend für die ganze Familie, hatte seine Unschuld verloren. Krankheit und Tod mögen zum Leben gehören - in Unterhaltungssendungen haben sie eher nichts zu suchen. Sehr nachvollziehbar also, dass die Vox-Show Grill den Profi am Samstag abgesagt wurde, nachdem ein Zuschauer aus dem Publikum kollabiert und gestorben war.

Auch die ZDF-Dokutainment-Serie Mit 80 Jahren um die Welt stand nach dem plötzlichen Tod von Lothar, einem der Mitreisenden, auf der Kippe. Die Produktion wurde abgebrochen, schließlich aber doch fortgesetzt, die Senioren-Reisegruppe kommt in der sechsten Folge in Schweden (und nicht wie geplant in Australien) ein letztes Mal zusammen. Nach Sichtung der ersten beiden Folgen ist zum Glück klar: Die Serie umschifft die Rührseligkeits-Falle, weil sie den Todesfall zu Beginn zwar thematisiert, sich aber vor Sentimentalitäten schützt, indem sie ansonsten nicht zurückblickt, im Hier und Jetzt bleibt. So gelingt das Kunststück, die Hypothek in eine Stärke zu verwandeln. Ohne zynisch klingen zu wollen: In gewisser Weise profitiert das Format also von dem Todesfall, die Endlichkeit schwingt unterschwellig mit und steigert die Kostbarkeit des Erlebten.

Die sechs Teilnehmer kennen einander nicht, als sie am Frankfurter Flughafen zusammengeführt werden, um unter der Reiseleitung von ZDF-Moderator Steven Gätjen sechs Länder in vier Wochen zu erkunden. Wohin es geht, zum Auftakt nach Südafrika, im Anschluss nach Dubai, erfahren sie erst in letzter Minute. Die Temperamente von Bernd, Christina, Erika, Lothar, Marianne und Norbert sind grundverschieden - ein Kompliment ans Casting! -, aber eins verbindet sie doch: Sie haben noch nicht viel von der Welt gesehen und möchten das auf ihre alten Tage noch ändern.

"Hoffentlich habe ich noch 20 Jahre, damit ich davon zehren kann", sagt eine der Mitreisenden

"Wenn nicht jetzt, wann dann", säuselt die Sprecherin aus dem Off, dazu reichlich Popmusik, stellenweise zu viel - etwas weniger Kirmes-Atmosphäre hätte es auch getan, denn das große Kapital von Mit 80 Jahren um die Welt, produziert von Talpa Germany ( The Voice), sind die hochbetagten Protagonisten und ihre unverstellte Begeisterung. "Hoffentlich habe ich noch 20 Jahre, damit ich davon zehren kann", sagt Christina am Telefon zu ihrer Enkelin.

Und Lothar erfreut sich an der Skyline von Dubai: "Da vergisst man fast das Luftholen." Auch wenn der unerklärlich späte Sendeplatz anderes suggeriert: Mit 80 Jahren um die Welt ist keine Reportage, kein Psychogramm der letzten Kriegskinder- Generation. Es ist eine Feier des Lebens und eine Erinnerung, sich an seinen Schönheiten zu erfreuen, solange man kann.

Mit 80 Jahren um die Welt , ZDF, sechs Folgen, dienstags, 22.45 Uhr.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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