Studie zu Diversität in TV-Nachrichten:Gentlemen and gentlemen

Lesezeit: 2 min

ZDF-"Heute"-Nachrichten mit Jana Pareigis. (Foto: Svea Pietschmann/dpa)

Wie divers sind Nachrichtensendungen? Das hat eine Studie während des Wahlkampfs untersucht.

Von Susan Vahabzadeh

Zwei Monate Tagesthemen, Heute-Journal und RTL aktuell, das macht zusammengerechnet 183 Sendungen und 4200 Auftritte von etwa 2500 Menschen. Das war die Grundlage von einer neuen Studie, die der Verein "Neue deutsche Medienmacher*innen" (NdM) im August und September gemacht hat, mitten im Wahlkampf, wenn die Nachrichten noch ein bisschen wichtiger sind als sonst. Das Ergebnis ist nicht so recht überraschend: Die Diversität in deutschen Nachrichtensendungen erwies sich als ausbaufähig. "Verglichen mit dem Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Bevölkerung (27 Prozent) sind Eingewanderte und ihre Nachkommen also deutlich unterrepräsentiert. Auch dann, wenn man berücksichtigt, dass unter den statistisch erfassten 22 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund Personen sind, die nicht migrantisch wahrgenommen werden", heißt es in der Studie.

Politiker mit Migrationshintergrund kamen selten vor, Spitzenreiter sind da die Grünen

Im NdM haben sich 2009 Medienschaffende mit, wie es in Ermangelung eines besseren Begriffs nun mal heißt, Migrationshintergrund zusammengeschlossen, Vorsitzende ist die Berliner Journalistin Ferda Ataman. Die Studie widmet sich nur den drei Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF und RTL, nicht aber Sat 1. Ataman erklärt das bei der Vorstellung der Studie - es habe eben gerade zum Erhebungszeitraum eine Nachrichtenoffensive bei RTL gegeben; um noch mehr Sender aufzunehmen, fehlten aber die Kapazitäten. Alles wurde mehrmals gesehen und überprüft, und das erfordert ja auch schon einen ziemlichen Aufwand.

Obwohl in Deutschland viele Menschen mit Migrationshintergrund wahlberechtigt sind, kamen Politiker mit Migrationshintergrund nur selten vor. Die Grünen sind da Spitzenreiter und wurden in den Nachrichtensendungen immerhin zu 13 Prozent von Mitgliedern repräsentiert, die nicht Schmitz oder Müller heißen, bei der CSU hatten im Erhebungszeitraum nur Politiker das Wort, bei denen ein Migrationshintergrund mindestens nicht wahrnehmbar ist. Das zu ändern, wäre allerdings nicht nur Sache der Medien, sondern auch der Parteien. Bei innenpolitischen Themen (sieben Prozent) und wenn spezielles Fachwissen gefragt ist (neun Prozent) ist der wahrnehmbare Migrationshintergrund auch unterrepräsentiert, bei den Themen Arbeitsmarkt und Bildung haben die Macher der Studie gleich niemanden gefunden - dafür sind die Hälfte aller Stimmen zur Migration migrantisch.

Und was ist ein "wahrnehmbarer Migrationshintergrund"? Dafür mussten tatsächlich zwei NdM-Mitglieder sichten und hinterher abgleichen, ob sie einen solchen wahrgenommen hatten, weitergehende Unterscheidungen gab es nicht - hörbare österreichische Wurzeln wurden genauso gezählt wie sichtbare lateinamerikanische, weil man ja anders gar nicht zählen kann und keine Statistik tatsächlich von Rassismus Betroffener vorliegen hätte, an der man das Ergebnis messen könnte. Es ging ja auch vor allem darum, ob sich wirklich alle, die die Nachrichten angehen - und das sind halt einfach alle, die in Deutschland leben - dort spiegeln. Von den insgesamt auftretenden Personen waren ungefähr zehn Prozent "migrantisch". Bei den Moderationen waren es aber immerhin 21 Prozent. Diese Zahl hätte es eigentlich verdient, auch mal ins Zentrum eines Ergebnisvortrags gestellt zu werden - an ihr kann ja nicht mehr viel zu beanstanden sein.

Menschen mit einer erkennbaren Behinderung sind dagegen tatsächlich fast unsichtbar in den Nachrichten, sie waren zu 0,7 Prozent vertreten. 30 Auftritte galt es da auszuwerten, und da ist die Berichterstattung über die Paralympics, auch mitten im Wahlkampf, schon eingeschlossen. Auch der Frauenanteil wurde gemessen. Wurden Bürger befragt, gab es fast Parität, bei Moderationen auch - aber bei Experten oder Politikern wird es dann weniger, und am Ende kommen auf eine Frau in etwa zwei Männer. Und da ist es auch plötzlich ganz egal, wer da zu Wort kommt - Migrationshintergrund oder nicht, der Frauenanteil bleibt bei einem Drittel.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusStreit um Quarks-Moderatorin
:Ein großes Kündigungsschreiben

Der WDR wird Nemi El-Hassan nun endgültig nicht beschäftigen. Vorausgegangen war ein umstrittener Gastbeitrag in der Berliner Zeitung. Über einen ganz großen Crash.

Von Laura Hertreiter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: