Da waren recht freundlich klingende Whatsapp-Warnungen einer angeblichen Ärztin vor bestimmten Medikamenten, was eine Uniklinik öffentlich widerlegen musste. Da war die Sprachnachricht einer angeblichen Aldi-Mitarbeiterin, die vor Geschäftsschließungen warnte, bis die Supermarktkette auf Facebook postete, alle Filialen blieben selbstverständlich weiterhin geöffnet. Neben sinnvoller Information, die derzeit Leben rettet, verbreiten sich auch Falschmeldungen in diesen Tagen in rasender Geschwindigkeit, harmlos klingende Kurzbotschaften, die gehörig Ängste schüren in Zeiten der Unsicherheit. Dabei kann jeder Einzelne dazu beitragen, dass dies nicht passiert. Zehn Tipps gegen die Corona-Angst im Netz.
1. Durchatmen
Mit Familie, Freunden, Lehrern oder Kolleginnen reden kann helfen, wenn über Whatsapp, Twitter, Facebook und andere Dienste Nachrichten auftauchen, die Angst machen. Am besten niemals im Affekt etwas veröffentlichen, auch wenn dafür schon ein Klick auf "Teilen", "Weiterleiten" oder "Retweet" genügen würde. Denn gerade Freundinnen und Freunde halten so geteilte Informationen für besonders glaubwürdig. Deshalb dran denken: Auch wenn sich eine Whatsapp-Gruppe privat anfühlt, sie kann schnell sehr öffentliche Folgen haben.
2. Doppelchecken
Eine gute Faustregel ist: Über soziale Medien verbreitete Behauptungen sollten die Empfänger mit zwei verlässlichen Quellen überprüfen. Denn es gibt gerade in Krisensituationen immer wieder Betrüger, die bewusst falsche Informationen verbreiten. Und auch nicht davor zurückschrecken, mit gefälschten Fotos zu arbeiten, die Nachrichtenseiten zeigen. Die Falschmeldung der Schließung von Supermarktfilialen konnte man am Wochenende beispielsweise leicht mit einem Blick auf seriöse Nachrichtenangebote entlarven.
3. Quellen prüfen
Was ist eine verlässliche Quelle? Am sichersten ist es, sich in Sachen Corona an offizielle Stellen und an seriöse Medien zu halten. Oder in den sozialen Netzwerken an verifizierte Accounts, die man bei Twitter und Instagram beispielsweise an einem blauen Häkchen erkennt. Twitter weist zum Beispiel unter dem Hashtag #coronavirus ganz oben auf den Account der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hin. Sehr hilfreich ist auch die Internetseite des RobertKoch-Instituts. Originalquellen sind im Netz meist leicht zu finden. Genauso wie Tageszeitungen, die nach den anerkannten Standards des Deutschen Pressekodex arbeiten. Ebenfalls hilfreich sind der Online-Faktenfinder der Tagesschau oder der Podcast des Virologen Christian Drosten beim NDR.
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4. Skeptisch sein
Ein Bewusstsein dafür, dass Nachrichtenlagen wie die derzeitige weltweite Corona-Krise Betrüger anziehen, die mit Absicht Fotomontagen und Lügen verbreiten, hilft in diesem Fall. Die Falschmeldung, der Schauspieler Daniel Radcliffe sei erkrankt, ist ein Beispiel aus den vergangenen Tagen. Wer kritisch liest, wer das hinterfragt, was ihm geschickt wird, ist besser vor Halb- und Unwahrheiten geschützt als derjenige, der erst einmal alles glaubt, was über das Internet verbreitet wird.
5. Kettenbriefe meiden
Keine Kettenbriefe weiterleiten, in denen fragwürdige und ungeprüfte Behauptungen aufgestellt werden, vor allem dann, wenn der Absender unbekannt ist. Vor allem über Whatsapp und andere Dienste werden solche Massenbotschaften nach dem Schneeballsystem verbreitet und lösen noch mehr Unruhe aus. Die Europäische Union hat ein Programm für mehr Sicherheit im Internet ins Leben gerufen, zu dem auch Klicksafe zählt. Dort gibt es viele hilfreiche Tipps; auch über das Wesen und Unwesen von Kettenbriefen und den Umgang damit.
6. Personen schützen
Keine Fotos oder Filme weiterleiten, die Menschen zeigen, die sich (angeblich) mit dem Coronavirus infiziert haben. Und erst recht keine Namen von solchen Personen verbreiten. Wenn ich erfahre, dass sich in meinem Freundes- oder Bekanntenkreis jemand infiziert hat, dann bitte ich die Betroffenen und deren Kontaktpersonen, die zuständigen Ärzte und Behörden zu informieren. So kursierte beispielsweise in einer Whatsapp-Gruppe ein Foto von einer Versammlung, auf dem eine infizierte Person mit einem Pfeil markiert war. Wer danebensaß, war deutlich zu erkennen. Das sollte andere warnen. Das kann aber dazu führen, dass solche Personen und ihre Familien übers Netz attackiert werden. Womöglich sehr langfristig, denn generell gilt: Was einmal über die sozialen Medien verbreitet wird, lässt sich kaum mehr zurückholen.
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7. Vor Ort informieren
Am besten informiert man sich über Krisenlagen vor Ort: bei der Gemeinde oder Stadt und deren Behörden, etwa beim Gesundheitsamt. Dort bekommt man in der Regel Ratschläge, wie man sich verhalten soll, was im Falle einer Infektion zu tun ist, ob es eine Notbetreuung für Kinder gibt und anderes mehr. Viele Kommunen geben auch Telefonnummern an, unter denen man sich informieren und beraten lassen kann. Und sollten diese Telefon-Hotlines überlastet sein, dann helfen die Internetseiten weiter, die von vielen Gemeinden, Städten und Landkreisen aufgelistet werden.
8. Vorsicht bei Heilmitteln
Jeder sollte sich davor hüten, falsche Versprechen über angebliche Heilmittel zu verbreiten. Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck an Medikamenten gegen das Virus, aber es gibt solche bislang noch nicht. Der Handelskonzern Amazon hat bereits zahlreiche dubiose Angebote mit angeblichen Heilmitteln gegen Corona von seiner Internetplattform verbannt. Wer falsche Heilmittel anbietet, spielt nicht nur mit den Ängsten der Bevölkerung. Er macht sich im Zweifelsfall auch wegen Betrugs strafbar.
9. Keine Schuldigen suchen
Schuldzuweisungen sollten generell nicht weiterverbreitet werden - auch nicht, wenn man sie kritisch oder ironisch kommentiert. Jeder Retweet, jedes Zitat gibt diffamierenden Inhalten eine Bühne. Das gilt insbesondere auch für rassistische Äußerungen. Nach dem Ausbruch von Corona in China sind in Deutschland Menschen, die von dort stammen und hier leben, beschimpft und angegriffen worden. Was im Netz an Hass beginnt, kann sich im wirklichen Leben fortsetzen.
10. Ruhe verbreiten
Die meisten Menschen, die Falschnachrichten verbreiten, tun das nicht aus böser Absicht. Meist sind sie in Sorge und wollen Freunde und Bekannte warnen. Die größte Hilfe ist es aber, wenn man keine Ängste schürt und selber dazu beiträgt, dass Panik sich nicht verbreitet. Dazu zählt auch, keine leeren Supermarktregale zu fotografieren und zu posten. Auch wenn das als Spaß gemeint ist: Manchmal führt das zu Panikreaktionen. Ängste schüren macht die Lage nur schlimmer, deshalb sollte das eigene Verhalten Ruhe in den sozialen Medien fördern.