Kommissare bleiben Kommissare
Unter den Ermittlern am Sonntagabend, nicht nur denen beim Tatort, kursieren die Neurosen, vertuschte Probleme kommen ans Licht, alte Liebschaften tauchen wieder auf. Und der Fall an sich gerät in den Hintergrund. In "Die Wiederkehr" sind die Kommissare einfach nur Kommissare. Lürsens persönliche Betroffenheit rührt von ihren möglichen Versäumnissen her, die zehn Jahre alt sind; Ermittler-Kollege Stedefreund gibt nicht mal seinen Vornamen preis. Beide sind trotzdem, auch ohne Privatleben, als Kommissare überzeugend.
Krisen statt Klamauk
Zweideutige Witzchen, klamaukige Dialoge oder schräge Typen? Unnötig. Im Bremer Tatort geht es um eher unscheinbar gezeichnete Figuren. Aber jede mit einem ureigenen Problem: Der Sohn leidet an Bulimie, Tochter Kathrin (im Bild) wurde adoptiert. Und Mutter Silke versucht, ihr Kind zu schützen und die Familie zusammenzuhalten. Gerade diese Schnitzer im Normalen sind mindestens so packend wie die ständigen Späßchen von Thiel oder Boerne.
Überzeugende Nebenfiguren
Ein guter Tatort lebt von seinen Nebenfiguren. Dass die nicht unbedingt allseits bekannte Stars sein müssen, beweist Gabriela Maria Schmeide. Die 49-jährige Theaterschauspielerin spielt die aufgewühlte Mutter der tot geglaubten Fiona herzzerreißend überzeugend. Besonders Schmeides Geständnis in den letzten Filmminuten verdient Applaus.
Dem Zuschauer Spielraum lassen
Fionas Bruder Jan hat eine Essstörung. Aber ist das Verschwinden seiner Schwester wirklich der Grund dafür? Oder steckt etwas anders dahinter? Die Antwort darauf wird im Bremer Tatort den Zuschauern überlassen. Insgesamt verzichtet "Die Wiederkehr" auf große Erklärungen durch die Kommissare. Angenehmerweise.
Psychogramm statt Schießerei
Auch auf wildes Rumgeballer, Verfolgungsjagden à la Schweiger oder langatmige Verhöre können die Bremer verzichten. Mancher Schlenker der Handlung ist zwar schwer nachzuvollziehen. Aber das Entsetzen in "Die Wiederkehr" spielt sich im Kopf ab - dazu braucht es keine Actionszenen.
Packender Plot
Auf Klamauk, Schießereien oder ähnliche Spirenzchen kann der Bremer Tatort verzichten, weil er eines hat: eine packende Story. Sie führt von Kindesentführung über Suizid und Missbrauch bis hin zum vertuschten Unfall. Aber das alles so wohl dosiert, dass es fesselt. Und bedrückt. Viele waren nicht mal mehr in der Lage, während der Ausstrahlung zu twittern. Das heißt inzwischen einiges, an einem Sonntagabend.