Filmtipps zu Heiligabend:Herz und Schmerz zu Weihnachten

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"Der kleine Lord", "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" oder - als Kontrastprogramm - "Stirb langsam": Wer die Feiertage auf der Couch vor dem Fernseher verbringen will, findet eine reiche Auswahl. Eine Liste der liebsten Klassiker.

Von SZ-Autoren

Ein guter Film gehört für viele zu Weihnachten wie der Baum und die Geschenke. Das wissen auch die Sender. Alte und neue Klassiker laufen rund um Weihnachten rauf und runter. Auch wer sich vom linearen Fernsehen schon längst verabschiedet hat, muss nicht auf die Weihnachtsguckerei verzichten. Mediatheken und Streamingdienste wie Netflix haben ebenfalls jede Menge Weihnachtliches im Sortiment. Egal ob zu einer festgelgten Programmzeit oder per Druck auf die Playtaste, alle zwölf Filmtipps unserer Redaktion eint: Sie gehen ans Herz, alle, bis auf einen.

Die Aschenputtelgeschichte "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" läuft über die Feiertage in den Sendern der ARD in Endlosschleife. Gut so. (Foto: WDR)

Rotkäppchensekt

Berge von Schnee, Prinzen und Könige in Samtgewändern und eine Prinzessin, die auf einem weißen Pferd zu ihrer eigenen Hochzeit reitet. Man kann den Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" zuckrig finden, Vanillekipferl für die Augen gewissermaßen. Kult ist die tschechisch-ostdeutsche Koproduktion aus dem Jahr 1973 dennoch, schon allein deswegen, weil sie zu den wenigen Klassikern aus der DDR gehört, die zu einem gesamtdeutschen Phänomen wurden. Wie auch Rotkäppchensekt, den man gut trinken kann, wenn die Aschenputtel-Geschichte über die Weihnachtsfeiertage in den Sendern der ARD wieder in Endlosschleife läuft, etwa am 24.12. um 12 Uhr im Ersten. Der Film gehört übrigens nicht nur bei uns zu den Weihnachtsritualen. Als das norwegische Fernsehen ihn an Weihnachten einmal nicht zeigte, hagelte es Protest. Film für: Nostalgiker in Ost und West- und hoch im Norden. Verena Mayer

Engel zweiter Klasse

Als "Ist das Leben nicht schön?" 1946 herauskam, reagierten einige Filmkritiker in den USA ungnädig. Erst mit den Jahren gewann der Film, der am 24. und 25. 12. um 23 und 10.50 Uhr in Servus TV läuft, Kultstatus. Er ist ein kleines schwarz-weißes Wunderwerk, Komödie und Tragödie, lustig und zum Tränenverdrücken traurig. James Stewart, damals gerade vom Kriegsdienst in der Air Force zurück, spielt mit einer Verletzlichkeit, als könne er es nicht fassen, lebend von den Einsätzen über Nazideutschland heimgekehrt zu sein. Er ist im Film, ein Unternehmer, dessen Träume immer wieder in letzter Sekunde scheitern, weil er anderen aus der Patsche hilft. Als er vor dem Ruin steht, will er sich an Weihnachten das Leben nehmen. Da schickt der Himmel einen Engel - allerdings einen Flügellosen, zweiter Klasse. Aber dem kommt die rettende Idee. Ein Film über die Liebe. Film für: Alle, die noch an das Gute im Besuchen glauben. Joachim Käppner

Ricky Schroder als Cedric "Ceddie" Errol in "Der kleine Lord". (Foto: ARD Degeto)

Kleiner Pottschnitt

Weihnachten ist die Zeit, in der alte weiße Männer weich werden. Wenn Cedric mit dem blonden Pottschnitt auftaucht, sogar butterweich. "Der kleine Lord" ist das größte Weihnachtsrührstück überhaupt. Seit 1982 läuft die britische Romanverfilmung in der ARD, kurz vor und an Weihnachten, diesmal am 23.12. um 18.20 Uhr und am 26.12 um 9.30 Uhr. Die Geschichte ist schnell erzählt: Dem hartherzigen Earl von Dorincourt (Alec Guinness) sterben alle Erben weg, sodass er auf Enkel Cedric (Ricky Schroder) zurückgreifen muss. Dessen Mutter ist Amerikanerin, der Earl findet ihn einen "vorlauten Yankee". Cedric, nun Lord Fauntleroy, lässt sich nicht irritieren, wirft dem Griesgram seine Liebe entgegen, legt ihm jede Garstigkeit als gut getarnte Großherzigkeit aus. Am Ende finden alle zueinander: Opa und Enkel, Aristokraten und Gesinde, Briten und Amerikaner. Film für: Weltverbesserer mit einem Faible für Kostümfilme. Claudia Fromme

Lachen mit Bogart

Wer nach der Bescherung herzhaft lachen will, sollte Michael Curtiz' Weihnachtskomödienklassiker "Wir sind keine Engel" aus dem Jahr 1955 schauen. Zwei Mörder und ein Betrüger fliehen an Heiligabend aus dem Gefängnis auf der Teufelsinsel von Französisch-Guayana. Humphrey Bogart als Kopf der drei harten Burschen ist in einer seiner wenigen komischen Rollen zu sehen. Der Film, der zum Beispiel diesen Sonntag um 7.55 Uhr auf Kabel 1 läuft, entwickelt eine herrliche Komik zwischen Sentimentalität und makabren Späßen. Die drei wollen einen Kolonialwarenladen ausrauben, merken aber, dass die liebenswerte Verkäuferfamilie dem fernen Besitzer des Ladens auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, der just zu Weihnachten anreist. Die drei schlagen sich mit all ihrer kriminellen Energie und der Giftschlange Adolf auf die Seite der Familie. Film für: Fans von Humphrey Bogart in Weihnachtsbestform. Harald Hordych

Versöhnungs-Jazz

Geknickt: Charlie Brown hat beim Christbaumkauf alles falsch gemacht – finden seine Freunde. (Foto: Disney/ABC)

"Ich glaube", sagt Charlie Brown zu Linus, "irgendetwas ist nicht in Ordnung mit mir: Weihnachten kommt und ich bin nicht fröhlich!" Linus schaut erstaunt, nuckelt am Daumen, kuschelt mit seiner Schmusedecke - und weiß, obwohl um tiefsinnige Antworten kaum verlegen, nichts darauf zu sagen. Wie in vielen Peanuts-Comics nimmt seine große Schwester Lucy die Dinge in die Hand: Auch in "A Charlie Brown Christmas" (auf Youtube zu sehen) sucht Charlie ihren Psycho-Stand auf, lässt sich einen Fünf-Cent-Ratschlag aufdrängen. Lucy macht ihn zum Regisseur des Krippenspiels, doch mit seiner Autorität ist es nicht weit her, die Peanuts tanzen lieber zu Schroeders und Snoopys Band; Charlie wird nur immer noch deprimierter. Doch der Jazz gibt das Motiv vor: So ausschweifend die Soli sind, am Ende finden alle zu einer Melodie. Sogar Charlie stimmt ein. Film für: nostalgisch gestimmte Melancholiker. Stefan Fischer

Wärmt das Herz

"Tatsächlich... Liebe": David (Hugh Grant) ist als neuer Premierminister in die Downing Street No. 10 eingezogen. (Foto: ZDF und Peter Mountain)

Keine Zeit ist besser geeignet für Musicals als die Weihnachtstage. Man braucht eine gewisse nachsichtige Grundstimmung, um von Gesang und Tanz unterbrochene Storys nicht seltsam zu finden. "Meet me in St.Louis" (DVD, Warner, als Download bei Amazon, iTunes und Maxdome) von 1944 ist einer der Klassiker des Genres und katapultierte Regisseur Vincente Minnelli in die erste Hollywood-Liga. Natürlich nicht mit schwerer Kost, die USA befanden sich im Krieg - erwünscht war gute Unterhaltung, die das Herz wärmt. Der Film mit Judy Garland in der Hauptrolle erfüllt das bis heute ideal, für alle Altersstufen. Er spielt 1903, die Smiths leben in St.Louis, als ein drohender Umzug nach New York die Familie niederschmettert. Nur beinahe natürlich. Spätestens beim Song "Have Yourself a Merry Little Christmas" möchte man heulen. Am besten alle zusammen. Film für: Familien mit großem Taschentuch-Vorrat. Anne Goebel

Hugh Grant tanzt

"Weihnachten ist gerettet", postete Netflix am 9. Dezember auf seiner Facebook-Seite und stellte die Szene aus " Tatsächlich ... Liebe" dazu, in der Hugh Grant als einsamer britischer Premierminister zu "Jump (For My Love)" von den Pointer Sisters durch 10 Downing Street tanzt. Die britische Romantik-Komödie von Regisseur und Autor Richard Curtis ("Notting Hill") , ist nach Amazon Prime nun also auch bei Netflix abrufbar - und man muss schon in Glühweinlaune sein, um den Herzschmerz-Episodenfilm voller Stars und Klischees nicht ein bisschen rührselig und albern zu finden. Aber was bitte erfüllt die Definition eines Weihnachtsfilms besser als jene, dass man ihn im Rest des Jahres ein bisschen rührselig und albern finden würde? Curtis ist eindeutig vom Motto "Viel hilft viel" geleitet. Sein Publikum kennt das zu gut - vom heimischen Plätzchenteller. Film für: glühweinselige, beschwingte Romantiker. David Denk

Schnee schnippeln

Für "Edward mit den Scherenhänden" (Maxdome, Amazon Prime, iTunes) muss man sich an die Wettervorhersage statt das Fernsehprogramm halten. Seinen ganzen Zauber entfaltet Tim Burtons Wintermärchen nämlich erst, wenn draußen Flocken fallen. Wo sie herkommen, erzählt der Film: Es geht um den künstlich erschaffenen Menschen Edward, dessen Erfinder kurz vor der Vollendung seines Werks stirbt. Deshalb muss Edward mit Heckenscheren statt Händen auskommen. Er lebt allein im Schloss seines Schöpfers, bis ihn die warmherzige Peg bei ihrer Familie aufnimmt. Fortan wohnt Edward - der wie die Zombie-Version von Michael Jackson aussieht, aber das sanfte Gemüt eines Labradoodles hat - in einer sagenhaft bonbonfarbenen Kleinstadtwelt. Das geht eine Weile gut, dann mächtig schief und am Ende piksen die Scherenspitzen mitten ins Herz. Film für: Alle, die sich an Weihnachten nach Schnee sehnen. Nina Himmer

Grüner Grantler

Der Grinch: Die achtjährige Cindy Lou (Taylor Momsen) interessiert sich sehr für das merkwürdige Wesen namens Grinch (Jim Carrey) und seine Geschichte. (Foto: ZDF und Ron Batzdorff)

Die größten Grantler haben am Ende oft das größte Herz. "Der Grinch" zum Beispiel: quietschgrün, einsame Haarsträhne am Kopf, ein selbsternannter Weihnachtshasser, der mit allerlei Features (ausfahrbarer Zuckerstock, Spiral-Federn an den Füßen, Turbo-Schlitten) versucht, den beseelten Einwohnern im Nachbardorf die Geschenke zu stehlen. Vor mehr als 60 Jahren erschien der Kinderbuch-Klassiker "How the Grinch stole Christmas", es gibt einen Zeichentrickfilm aus der Zeit, eine Neuauflage mit Jim Carrey aus dem Jahr 2000 (22.12., 20.15 Uhr, ZDF Neo) und jetzt im Kino, einen großartigen animierten Film, der lustig ist und sehr rührend. Denn auch hier wird aus dem hartherzigen Grinch, der zetert, am Ende ein seelenvoller Grinch, der dichtet: "Ist Weihnachten doch nicht bloß Essen und Schenken? Vielleicht ist Weihnachten mehr, das muss ich wohl denken." Film für: die Versöhnung mit dem Griesgramopa. Mareen Linnartz

Ballern im Wollpulli

Weihnachten ist das Fest der Actionfilm-Wiederholungen. Seit jeher beliebt ist "Stirb langsam" mit Bruce Willis (auf Netflix). Im zweiten "Stirb langsam" muss Willis als Polizist John McClane an Weihnachten eine Katastrophe auf dem Washingtoner Flughafen verhindern. Terroristen kontrollieren die Elektronik. Flugzeuge kreisen mit knappem Benzin in der Luft und können nicht landen. In einem davon befindet sich, ausgerechnet, McClanes Frau. Der Plot ist so überdreht, dass dagegen der erste "Stirb langsam" wie eine Dokumentation wirkt. Aber das Geballer hilft gut über den Plätzchenkoller hinweg. Und Bruce Willis trägt dazu einen schönen Wollpullover. Wenn er dann allein auf die verschneite Landebahn rennt und mit Fackeln versucht, die Landelichter zu ersetzen, weiß man, dass man selbst bei Weitem nicht das chaotischste Weihnachten erlebt hat. Film für: die notwendige Katharsis nach dem Fest. Marc Deckert

Schwelgen im Büro

Macaulay Culkin in "Kevin allein zu Haus". (Foto: © Fox Deutschland)

Den ganzen Advent durchgearbeitet, noch kein Geschenk gekauft und selbst drei Tage vor Weihnachten noch so gar nicht in festlicher Stimmung? Dann hilft "Kevin - Allein zu Haus" (der Film, nicht der Werbespot, in dem ein US-Konzern den Kinderstar von damals, Macaulay Culkin, gerade noch einmal allein zu Hause sein lässt). Dazu muss man John Hughes' Klassiker, in Sat 1. am 22.12. um 20.15 Uhr, am 24.12. um 22.45 Uhr und am 26.12. um 13.15 Uhr., noch nicht mal angucken: Der Soundtrack reicht, und zwar schon ab dem ersten Lied, "Somewhere in my memory", ein zugegebenermaßen ganz schön kitschiges Stück des "Boston Pops"-Orchesters. Als der Film 1990 in die Kinos kam, war der mehrfache Oscarpreisträger John Williams Chef dieses Orchesters. Auch die anderen Lieder in dem Film hat er komponiert, dazu kommen ein paar amerikanische Weihnachtsklassiker. Die Platte einmal durchzuhören, bringt einen zuverlässig in Weihnachtstimmung - das funktioniert sogar allein im Büro. Film für: Arbeitstiere. Karoline Meta Beisel

Familie, bittersüß

Es ist der 23. Dezember. Werbeagentur-Chefin Kati (Martina Gedeck in einer frühen Rolle als Komödiantin) zofft sich mit ihrem Freund. Statt wie geplant mit ihm nach Mauritius zu fliegen, flüchtet sie aus Wien zur Familie aufs Land. Dort erwartet sie ein Weihnachtswahnsinn, der in "Single Bells" (1997) sehr vergnüglich zelebriert wird, am 25.12., 15.30 Uhr in 3Sat. Da ist etwa die Omama, die alles wie anno dazumal haben möchte, fettes Gansl und Engelshaar inklusive. Da ist Großmutter Lilibet, die die Enkelin mit Eierlikör abfüllt. Da ist Teenager Gregor, der alle Fleischesser "Mörder" nennt. Natürlich eskaliert am Ende alles und - Achtung, Spoiler - der scheußlich geschmückte Christbaum fängt Feuer. Klammheimlich haut Kati wieder ab, zum Flughafen. Ein wirkliches Happy End ist ihr aber nicht gegönnt; so wie es sich für einen bittersüßen Film gehört. Film für: Fans von turbulenten Großfamilien. Martin Langeder

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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