Tourismus:Norwegisches Fjærland: Bücherflut gegen die Touristenebbe

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Fjærland (dpa/tmn) - Romane und Krimis, Reise- und Kochbücher - auf mehr als vier Kilometern reiht sich der Lesestoff in Fjærlands Regalen. Im ersten Bücherdorf Skandinaviens kommen Leseratten nicht nur zur Mitsommernacht voll auf ihre Kosten.

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Fjærland (dpa/tmn) - Romane und Krimis, Reise- und Kochbücher - auf mehr als vier Kilometern reiht sich der Lesestoff in Fjærlands Regalen. Im ersten Bücherdorf Skandinaviens kommen Leseratten nicht nur zur Mitsommernacht voll auf ihre Kosten.

Viele fahren an Fjærland nur vorbei: Geradewegs durch die kilometerlangen Tunnel, die 1986 und 1994 in die Berge des westnorwegischen Fjordlands gebohrt wurden. „Davor war vieles anders hier bei uns am Fjord“, erinnert sich Eivind Ødegård, Leiter des Bücherdorfes Fjærland. Als schwimmende Brücken brachten Autofähren Tag für Tag die Reisenden von Balestrand aus über den Fjærlandsfjord in das Dorf. Doch mit den drei Röhren auf der anderen Seite des Fjordes drohte Fjærland mit seinen 280 Einwohnern zu veröden. „Wir haben uns überlegt: Wie bekommen wir wieder Leben ins Dorf?“, erzählt Ødegård.

Die rettende Antwort darauf sollte aus Wales kommen. Während einer Urlaubsreise machte der Sogndaler Schulrat Claus Kvamme per Zufall Station in Hay-on-Wye, das 1961 als erstes der heute über 20 Bücherdörfer in Europa entstanden war. Kvamme erkannte die Chance, exportierte die Idee nach Norwegen und 1996 wurde Fjærland das erste Bücherdorf Skandinaviens.

Seitdem wühlen sich Bücherwürmer und Leseratten durch den örtlichen Bestand von etwa 200 000 Bänden. „Vielleicht sind es noch mehr“, sagt Eivind Ødegård, Manager des Bücherdorfes und Lehrer an der Volkshochschule in Sogndal. „Sicher ist nur, dass die Regale in unseren neun Läden eine Gesamtlänge von etwas mehr als vier Kilometern aufweisen.“ Dabei eingerechnet sind auch die kleinen Buchstände unter freiem Himmel am ehemaligen Fähranleger und entlang der Dorfstraße, an denen die Besucher sich selbst bedienen können - gegen entsprechende Bezahlung.

Alle Bände haben eines gemeinsam: Sie hatten einen Vorbesitzer und sind gut erhalten. Bei Bok & Bilde gleich neben dem kleinen Tourismusbüro stöbern Kinder in Bilderbüchern; im schuppenähnlichen Shop Seriesalget kommen die Freunde von Cartoons und Comicstrips auf ihre Kosten. Und im Dorfcafé „Kaffistova“ werden nicht nur Kaffee und Schokoladenkuchen aufgetischt, sondern auch Kochbücher verkauft - und erotische Werke.

Einige zehntausend Besucher fahren pro Jahr auf der Suche nach antiquarischen Büchern nach Fjærland und bringen so Leben in das abgeschiedene Dorf. Hochbetrieb herrscht während der Nacht der Bücher an Mitsommer Ende Juni. „Dann kommen Antiquare und Privatleute zu uns, sie bauen ihre Pavillons entlang der Hauptstraße auf und bringen eine Unzahl von Büchern mit“, sagt Eivind Ødegård. Und die Besucher fahnden nach ihren Lieblingsbänden, die in den Läden längst vergriffen sind.

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