Rabatt für freundliche Kunden:Höflich zum Heißgetränk

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Teurer bei Unhöflichkeit: der schnelle Espresso zwischendurch (Foto: flashgaz/iStockphoto.com)

Grantige Kellner bekommen kein Trinkgeld. Was aber, wenn die Laune der Gäste das Problem ist? Ein Barista aus Nizza will solche Unfreundlichkeit nicht mehr klaglos hinnehmen: Wer in seinem Café muffelt, zahlt drauf.

Von Anna Günther

Arrogante Mimik, freche Kommentare, blasierte Blicke unter hochgezogenen Brauen: In den klassischen Kaffeehäusern Wiens oder deren Imitationen im Ausland gehören brummige Kellner zum Interieur, auch der typische Köbes aus Köln ist keine Frohnatur. In den meisten anderen Gasthäusern steht und fällt das Trinkgeld mit der Freundlichkeit der Servicekraft. Lächeln wird belohnt.

Doch was tun, wenn es die Gäste sind, die mit dunklen Wolken über dem Kopf vor sich hinmuffeln und die Menschen auf der anderen Seite der Theke anranzen - einfach so, weil sie eben gerade schlechte Laune haben? Fabrice Pepino, Chef des Cafés "La Petite Syrah" in Nizza, hatte eines Tages genug von dem Gemuffel. Und führte kurzerhand eine Höflichkeitssteuer ein.

Rabatt für "Guten Tag" und "bitte"

Wer dort einen Kaffee bestellt, bezahlt nach Freundlichkeit. Je brummiger der Kunde, desto teurer sein Getränk: Sieben Euro, wenn er einfach nur "un café" bestellt, ein Kaffee mit dem Zauberwort "bitte" ist schon günstiger - 4,25 Euro. Belohnen möchte Pepino die Gäste, die trotz Stress in der Mittagspause formvollendet mit "Bonjour, un café, s'il vous plaît" bestellen. Dann kostet das Heißgetränk nur 1,40 Euro.

Die Höflichkeits-Zulage sei eigentlich ein Scherz gewesen, sagte der Franzose Fabrice Pepino örtlichen Medien. Denn seine Angestellten hatten sich immer wieder über die Unhöflichkeit der Kunden beklagt, die jegliches Maß an Freundlichkeit an der Tür abgegeben hätten. Durchsetzen musste Pepino die höheren Preise bisher nicht, allein das Schild bewirke schon, dass sein Gäste entspannter und freundlicher seien. Das sei seine Art, zu sagen: "Keep calm and carry on."

Eine Idee, die Schule machen sollte. Nicht nur mufflige Kunden sind auf Dauer anstrengend, auch viele Dienstleister könnten an ihrer Laune arbeiten. Die Wurst zum halben Preis, wenn die Metzgereiverkäuferin einem statt "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?" nur ein mürrisches "Der Nächste!" entgegenkeift, Rabatt auf die neue Monatskarte, weil der Busfahrer einem aus purer Ignoranz die Tür vor der Nase zuknallt oder freie Briefmarken, wenn der Postbote die Briefe nicht in den Briefkasten, sondern einfach auf die Fußmatte wirft.

Anfangen sollte man allerdings bei sich selbst. Höflichkeit geht immer, und die Mitmenschen können nichts für die eigene Melancholie oder Wut. Das Lächeln eines Fremden, ein freundliches Wort - sie kosten nichts und können schlagartig den ganzen Tag erhellen. So, und jetzt erst mal einen Kaffee - und zwar flott!

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