Schlimm, die Sache mit dem Übergewicht: zu viel billiges Fast Food, zu wenig Bewegung. Die Menschen werden immer fetter, jammert die Weltgesundheitsorganisation WHO. Allen voran die Amerikaner, die Burger und Milchshakes als Grundnahrungsmittel ansehen. Was liegt da näher, als ... nein, keine Diät ... Dicksein zum Schönheitsideal zu erklären? Werfen wir die gängigen Schönheitskriterien über Bord, statt uns an ihnen abzuarbeiten!
Das ist nicht nur einfacher und geht schneller, die Maßnahme kommt offenbar auch gesellschaftlich unheimlich gut an. In den USA hat sich eine neue Bewegung etabliert, die sich derzeit über soziale Netzwerke wie Instagram oder Twitter verbreitet und in der Crowd einen regelrechten Sturm der Begeisterung entfachte. Sie erklärt die Moppelform kurzerhand zum Körpertrend - mit einer kleinen Einschränkung: Der Hype bezieht sich ausschließlich auf die Herren der Schöpfung.
Die Rede ist von einem neuen Typ Mann, dessen Körper an die Generation unserer Väter erinnert, den sogenannten #Dadbod - den Vaterkörper. Der Vertreter dieses Phänomens ist weder übergewichtig noch besitzt er einen Waschbrettbauch. Er verfügt über eine ausgewogene Balance zwischen Bierbauch und Fitnessstudio - mit anderen Worten: eine kleine Wampe. Prominente Vertreter dieser Gattung: Adam Sandler, seit einiger Zeit auch Leonardo DiCaprio und Seth Rogen (siehe unten). Inzwischen ist die Begeisterung für den Moppelmann auch nach Europa übergeschwappt, so huldigt beispielsweise der Telegraph dem Mann, der sich gehen lässt, als neuen Liebling der Frauen.
War ja klar, werden Frauen nun quengeln: Alles, was Arbeit macht, wird von Männern schlichtweg abgelehnt - und diese Wurstigkeit auch noch dreist zum Trend erklärt. Kann er nicht bügeln, schlüpft er in ein Holzfällerhemd und lässt sich zum #lumbersexual upgraden. Hat er keine Lust, sich zu rasieren, wird der Wildwuchs im Gesicht als Hipster-Accessoir gefeiert. Ist er zu faul zum Sport, wird die daraus resultierende Pummeligkeit kurzerhand zum #dadbod erklärt.
Das Überraschende: Es war gar kein Mann, sondern eine junge Frau, deren Beitrag auf The Odyssey, einer Webseite für Studenten, den Hype ausgelöst hat. US-Studentin Mackenzie Pearson verlieh als Erste ihrem Entzücken über die neue Kultfigur öffentlichkeitswirksam Ausdruck. In dem Artikel beschreibt die 19-Jährige die Vorzüge molliger Männer und verweist auf ihre Mitbewohnerin, die sie durch inbrünstige Schwärmerei erst auf den Geschmack gebracht habe.
Pearson preist unter anderem die integrierte Komfortzone zwischen Hals und Knie und den erhöhten Kuschelfaktor, den so eine anschmiegsame Ausbuchtung mit sich bringt. Niemand wolle mit einem Stein kuscheln, schreibt sie. Oder einem Gerippe wie Twilight-Star Edward Cullen. Anders als am gestählten Körper eines Fitness-Besessenen prallt man an einem Dad Bod nämlich nicht ab, sondern versinkt an manchen Stellen sogar ein bisschen darin.
Beim Dadbod-Mann wüsste man auf den ersten Blick, was einen in Zukunft erwarte, schreibt die Studentin weiter. Also, rein figurenmäßig. Wobei man nie wissen kann, was später noch an Pölsterchen hinzukommt. Dennoch, so eine rundliche Silhouette spricht für sich. Sie verrät uns zum Beispiel, dass wir es mit einem Menschen zu tun haben, der Sport als Freizeitbeschäftigung sieht - und nicht als Pflichtprogramm zur Selbstoptimierung. Der aber auch dem Genuss nicht abgeneigt ist. "Der Dad Bod sagt: Ich gehe gelegentlich ins Fitnessstudio, am Wochenende aber auch gern einen heben und genieße es, acht Stück Pizza auf einmal zu essen", schreibt die Studentin in ihrem Beitrag.
Nun ist der Moppeltyp keine Neuheit. Es gab ihn schon immer. Es ist vielmehr die Einstellung dazu, die sich verändert hat und ein kollektives Aufseufzen der Erleichterung in der Männerwelt auslöst. Immer mehr scheinen das Phänomen zum Anlass zu nehmen, Work-out und Diäten zu entsagen und schließen sich der Bewegung auf Social-Media-Plattformen an. Nicht nur unter #dadbod, auch unter Hashtags wie #CDB (CollegeDadBods) oder gar #mantitties veröffentlichen schmerbäuchige männliche Wesen Fotos von sich, die sie mit freiem Oberkörper und einem alkoholischen Getränk in der Hand zeigen - nicht selten flankiert von attraktiven Strandschönheiten.
Und während die Männer die Bierdose auf ihrem Bauchansatz abstellen, sich eine zweite Tüte Chips öffnen und ein Victoryzeichen in die Kamera strecken, packen die Damen brav ihre Sporttasche und machen sich auf zum Work-out und anschließendem Pilatestraining. Wie ungerecht!, müsste es nun aus den Ecken sämtlicher Feminismusvertreterinnen tönen, wo bleibt der Trend zum Mumbod? Ein kollektiver #Aufschrei müsste durch die sozialen Netzwerke wehen, der all die selbstgefälligen Dickerchen mit sich reißt. Doch was tun die Frauen? Kraulen ihnen unbeirrt das runde Bäuchlein.
Selbst einige Männer schütteln darüber den Kopf und wundern sich. In einem Beitrag im Time Magazine schreibt der Autor Brian Moylan "Das Problem mit dem Dad Bod ist nicht, was er über Männer aussagt, sondern über die Frauen - und wie wir mit ihnen umgehen."
Womöglich fühlen sich manche Frauen ja gar nicht benachteiligt durch die #dadbod-Bewegung, sondern profitieren ebenfalls vom neuen, entspannten Umgang mit dem eigenen Körper, denn: Neben einem Mann, der ein Bäuchlein hat, muss man das eigene nicht ständig einziehen. "Was könnte schlimmer sein als ein Bikinifoto", fragt Autorin Mackenzie Pearson in ihrem Beitrag - und gibt auch gleich die Antwort: Ein Bikinifoto neben einem perfekt modellierten Mann, der uns ganz schön alt aussehen lässt. "Wir wollen keinen Kerl, der uns wegen unserer Figur verunsichert", schreibt sie. "Wir sind auch so schon unsicher genug." Frauen wissen eben, wie ihre Vorzüge besonders gut zur Geltung kommen.
So gesehen ist der Dadbod-Typ das perfekte Accessoire der Sommersaison. An seiner Seite müssen sich Frauen endlich mal keine Sorgen machen - weder um die Gleichberechtigung noch um ihre Figur. Stattdessen: Zunge raus, Bauch raus. Geht doch.