Kolumne Vor Gericht:Kein Sex im Urlaub

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(Foto: imago images)

Rutschige Fliesen und Einzelbetten verhinderten ein harmonisches "Beischlaferlebnis". Deswegen verklagte ein Mann einen Reiseveranstalter.

Von Ronen Steinke

Man komme jetzt bitte nicht mit irgendwelchen abgedroschenen Klischees über Deutsche im Urlaub, über Menschen in weißen Socken, Handtücher auf Liegestühlen... Jeder Jeck ist anders. Who cares? Wirklich auf die Probe gestellt wird die eigene Gelassenheit doch erst dann, wenn ein deutscher Urlauber sich hinterher, nach der Heimreise von zwei Wochen Menorca all inclusive, hinsetzt und eine juristische Klageschrift aufsetzt. Begründung: weil der Sex im Urlaub nicht zufriedenstellend gewesen sei. Mit einem solchen Fall hat sich das Amtsgericht Mönchengladbach beschäftigen müssen.

Der Urlauber begründete seine Schadensersatzforderung damit, dass es in dem Hotelzimmer kein Doppelbett, sondern lediglich zwei nicht miteinander verbundene Einzelbetten gegeben habe. Ihm sei daher während seiner Urlaubszeit ein "friedliches und harmonisches Einschlaf- und Beischlaferlebnis" entgangen. Wegen der rutschigen Fliesen seien die Betten "bei jeder kleinsten Bewegung mittig auseinandergegangen". Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sei ein harmonischer Intimverkehr nahezu völlig unmöglich gewesen. Der erhoffte Erholungswert, die Entspannung mit seiner Lebensgefährtin seien erheblich beeinträchtigt gewesen. Dies habe bei ihm und bei seiner Lebensgefährtin zu Verdrossenheit, Unzufriedenheit, ja, und Ärger geführt.

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Selbst schuld, meinte das Amtsgericht Mönchengladbach. Denn es sei "ganz und gar nicht so, dass der Kläger seinen Urlaub ganz ohne das von ihm besonders angestrebte Intimleben hätte verbringen müssen". Er hatte nur zu wenig Fantasie - anders als das Gericht. Diesem "sind mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der Ausführung des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden können, und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller Beteiligten".

Dieser Gerichtsfall ist, obgleich schon ein paar Jahre alt, nicht nur deshalb so unvergesslich, weil er um eine der fabelhaften Formulierungen kreist, mit denen die deutsche Jurisprudenz die Menschheit beschenkt hat: "nutzlos aufgewendete Urlaubszeit." Er ist auch deshalb unvergesslich, weil das Amtsgericht sich dem Kläger abschließend freundlich zuwandte. "Der Kläger hat ein Foto der Betten vorgelegt. Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass die Matratzen auf einem stabilen Rahmen liegen, der offensichtlich aus Metall ist."

Selbst wenn die speziellen "Beischlafpraktiken" des Klägers ein fest verbundenes Doppelbett voraussetzen sollten, hätte es also nur weniger Handgriffe bedurft, um die Betten miteinander zu verbinden - entweder mit einer Schnur oder mit einem Hosengürtel, fand das Gericht. Dieser werde schließlich "in seiner ursprünglichen Funktion in dem Augenblick sicher nicht benötigt".

An dieser Stelle schreiben Verena Mayer und Ronen Steinke im wöchentlichen Wechsel über ihre Erlebnisse an deutschen Gerichten. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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