Männer und Badehosen:Die ewige Problemzone

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Die Briten verbieten kurze Slips im Schwimmbad, die Deutschen wehren sich gegen Bermuda-Planscher: Was, bitte schön, ist heute eigentlich eine Badehose?

Christian Mayer

Nein, das ist kein Sommerloch-Thema, es steht weit mehr auf dem Spiel als nur etwas Stoff. Es geht um das Selbstverständnis des Mannes - um das, was er sieht und fühlt, wenn er im August endlich mal ganz zwanglos bei sich ist, am Badesee zu Hause oder am Strand von Mallorca. Es geht um die Badehose oder vielmehr um das, was aus ihr geworden ist.

Es ist durchaus ein Problem, heute eine Badehose zu kaufen, die den Träger nicht der Lächerlichkeit preisgibt. Barack Obama immerhin steigt würdig aus den Fluten. (Foto: Foto: AP)

Aus dem britischen Alton Towers erreicht uns dieser Tage eine verstörende Nachricht. In dem weitläufigen Freibad, Teil der größten Spaßanlage in ganz England, gilt seit kurzem ein Speedo-Verbot. Im angelsächsischen Sprachgebrauch versteht man unter einer Speedo eine sehr kurze Badehose, also jenen Lendenschutz-Racer, der von Männern getragen wird, die sich gerne in praller Schönheit zeigen. Das Management von Alton Towers will mit dem Verbot "peinliche Situationen bei den Badegästen" verhindern und die "familienfreundliche Atmosphäre" des Erholungsparks bewahren.

Was hat es zu bedeuten, wenn ausgerechnet die Briten, die so gerne im Urlaub alle Hemmungen fallen lassen und schnell nackte Tatsachen schaffen, den Intimbereich des Mannes neu vermessen? Es kennt sich ja bald keiner mehr aus, der an sich herunterblickt, tief einatmet und sich bereit macht für den Augenblick der Wahrheit.

Wie kurz oder wie lang darf und muss die Badehose sein? Darf man sich einfach eine dieser Jogging-Shorts anziehen, die nur bei durchtrainierten Typen wie Barack Obama und Nicolas Sarkozy gut aussehen? Geht das Modell James Bond, also jene sexuell konnotierte Heldenerzeugerhose, die der Schauspieler Daniel Craig trug, als er im Stil einer männlichen Badenixe aus den gekräuselten Wogen des Ozeans stieg?

Was ist mit dem hautengen Dreieck, das man als Kind zu schätzen wusste, weil es in Windeseile trocknete, aber seit der Pubertät aus Schamgründen meidet? Und sind Tanga-Varianten, die ein ganzes Altherrengesäß offenbaren, noch verfassungskonform oder verstoßen sie gegen Artikel 1 des Grundgesetzes?

Es ist durchaus ein Problem, heute eine Badehose zu kaufen, die den Träger nicht der Lächerlichkeit preisgibt, weil sie etwa beim Auftauchen fiese Luftblasen erzeugt. Noch schwieriger ist es, das Stück Polyamid mit Fassung und Gleichmut zu tragen, ohne sich ständig an die Kordel fassen zu müssen. Frühere Generationen hatten es leichter, damals, als an der Badehose noch ein Gürtel angebracht war, damit man wenigstens symbolisch Haltung wahren konnte.

Bis vor kurzem dachte man, unförmige Schlabbershorts sei die Lösung für Männer mit Speckproblemen. Doch die Baggy-Badehose, die es in den grellsten Farbmustern gibt, ist ins Gerede gekommen. Das Laguna Badeland im südbadischen Weil am Rhein hat nun Konsequenzen gezogen: Dort stehen "lange Shorts" auf dem Index. Es gibt seit diesem Jahr sogar Boxershorts-Verbotsschilder, denn die Betreiber sorgen sich nicht nur um das Binnenklima in den Badehosen ihrer Gäste, sondern auch um das Weltklima. "Aus hygienischen Gründen" darf die Shorts nur bis zum Gesäß reichen.

Aber das ist nicht alles: "Durch die (langen) Hosen wird sehr viel Wasser in den Bereich um die Becken getragen, der dann in die Abgüsse läuft. Das bedeutet einen erhöhten Energieverbrauch", heißt es in der Laguna-Hausordnung. Wenn die Badegäste zu allem Übel noch Unterwäsche unter der Shorts trügen, sei das Maß voll; da helfe nur eine Extraladung Chlor.

Pfui Teufel, Männer! Dann doch lieber die Minimallösung, den schlabberfreien Slip. Das Management von Alton Towers, das Speedo-Träger aus der Spaßzone vertreiben möchte, sollte vielleicht noch mal in sich gehen.

© SZ vom 12.08.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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