Kim Jong Il:Couture Totalitaire

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Seine Partei feiert Kim Jong Il neuerdings als Trendsetter in Sachen Mode. Ob der Diktator wirklich das Zeug zu Koreas Next Topmodel hat: eine Einschätzung.

Lena Jakat

Das Erscheinungsbild des nordkoreanischen Diktators ist seit Jahrzehnten so konstant, dass man sich fragen könnte, ob der kränkelnde "General" sich nicht schon beizeiten klonen ließ - samt seinem charakteristischem Khaki-Outfit.

Und ausgerechnet diese Antiquität des Kalten Krieges wird jetzt in den Modeolymp der Trendsetter hochgejubelt: Direkt neben Audrey Hepburn mit ihrer Sonnenbrille, Coco Chanel im Kostüm und Jackie Kennedy mit dem Pillbox-Hut soll Kim mit seiner Uniform dort Platz nehmen - wenigstens, wenn es nach der kommunistischen Parteizeitung Rodong Sinmun geht. Die "bescheiden wirkende" Kombination aus Jacke mit Reißverschluss und passender Hose sei in der ganzen Welt en vogue", stand dort zu lesen.

"Der Grund ist, dass das erhabene Bild des Großen Generals einen tiefen Eindruck bei Menschen in der ganzen Welt hinterlässt", liest sich die Ode weiter. Diese Behauptung ist natürlich so objektiv wie eine Google-Suche in China. Obendrein wurden die Zitate der Parteifreunde auf Kims eigener Regierungsseite veröffentlicht. Scheint da etwa ein bisschen Eitelkeit durch? Das allerdings wirkt für einen kommunistischen Diktator schon recht unschicklich und mag so gar nicht zur "bescheidenen Wirkung" seines Outfits passen.

Ob der graubraune Schlafanzug, den Kim stets stilsicher mit riesigen Brillengläsern im Retro-Stil kombiniert, wirklich das Zeug zum neuen must have besitzt? Seine Schnörkellosigkeit könnte man zwar wohlwollend auch klassisch nennen. Doch insgesamt wirkt das Ensemble mit dem abgesteppten Bund und der ausgestellten Hose schlicht so, als hätten die siebziger Jahre nie aufgehört . Diese Weltsicht kann man einem Despoten, der seine Blütezeit in den Tagen des Kalten Krieges erlebte, zwar nicht übelnehmen - von modischem Zeitgeist ist sie allerdings Lichtjahre entfernt.

Zudem kandidiert Kim nicht allein für den Titel des bestgekleideten Diktators: So kann Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi mit bunten Farben und phantasievollen Kostümen punkten, und Fidel Castro, der pensionierte Revolutionsführer aus Kuba, kommt mit seiner Kappe besonders in Studentenkreisen ziemlich kultig rüber.

Ob der klassische Ansatz des "Geliebten Führers" also reicht, um die Laufstege der Welt zu erobern? Wenn ja, wäre dem Diktator im Anschluss an seine aktive Zeit als Model zu einer Designerkarriere zu raten - dass man damit durchaus erfolgreich sein kann, zeigen ja Kate Moss, Gisele Bündchen oder Claudia Effenberg.

Und allein die Vorstellung, das Stehaufmännchen aus Nordkorea würde das Fuchteln mit der Atomrakete bleiben lassen, stattdessen zu Skizzenblock und Buntstift greifen und sich in einem Modeatelier zur Ruhe setzen, hat etwas durchweg Beruhigendes an sich.

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