Gericht:Wie diskriminierend sind Frauenparkplätze?

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Neutrale Farbe, eindeutiges Symbol: Ein Frauenparkplatz in Stuttgart. (Foto: Westend61/Imago)

Ein Mann klagt vor dem Verwaltungsgericht in München, weil er sich wegen Frauenparkplätzen in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt sieht. Hat er Recht?

Von Moritz Geier

Zu den Tiefpunkten in der Geschichte des Frauenparkplatzes in Deutschland muss ein Vorfall zählen, der sich vor gut sieben Jahren im tiefen Schwarzwald zutrug. Kamerateams aus aller Welt pilgerten nach Triberg, 5000 Einwohner, wildromantische Natur. Die Journalisten aber interessierten sich nicht für die tollen Wasserfälle, sondern für ein Parkhaus und "Deutschlands erste Männerparkplätze", die Bürgermeister Gallus Strobel darin ausgewiesen hatte. Schwer zu befahrende Stellplätze, sagte der CDU-Mann. "Da kommt man eigentlich nur rückwärts rein."

Strobel wollte seine Idee als "Beitrag zum Humor in der Gesellschaft" verstanden wissen und für alle, die den Humor nicht verstanden hatten, ließ der Bürgermeister drei Jahre später noch eine nackte Frau neben den Männerparkplatz pinseln, darüber einen neuen Werbeslogan für seine Stadt ("Steile Berge, feuchte Täler").

Ob der Geschichte des Frauenparkplatzes nun ein neuerlicher Tiefpunkt hinzugefügt werden muss, entscheidet sich am kommenden Mittwoch. Dann verhandelt das Verwaltungsgericht in München die Klage eines Mannes, der sich wegen einiger Frauenparkplätze in Eichstätt in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit eingeschränkt sieht. Experten räumen dem Kläger geringe Chancen ein, das vorneweg.

Und trotzdem: Ein diffuses Gefühl der Parkplatz-Benachteiligung scheint durchaus weit verbreitet zu sein. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge finden 21 Prozent der deutschen Männer, dass Frauenparkplätze andere Autofahrer diskriminieren. Jeder fünfte also. "Es fehlt mitunter das Problembewusstsein", sagt der derzeitige Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke. Ihn überrascht die Zahl gar nicht.

Höchste Zeit also, ein paar Missverständnisse auszuräumen.

Auf Frauenparkplätzen lässt es sich leichter einparken:

Speziell ausgeschilderte "Mutter-Kind-Parkplätze" (Ja, die Bezeichnung gibt es wirklich noch) können schon mal breiter sein als andere Stellplätze, dann aber natürlich nicht, um das Einparken zu ermöglichen, sondern das Ein- und Auspacken von Kind und Kinderwagen. Bei Frauenparkplätzen, die es in Deutschland seit den 80er-Jahren gibt, geht es um Sicherheit: In Tiefgaragen und Parkhäusern in Ausgangsnähe gelegen, in gut beleuchteten und videoüberwachten Bereichen, sollen sie dem Sicherheitsempfinden von Frauen dienen. Man nimmt an, dass Frauen sonst etwa Tiefgaragen mit ihren dunklen Ecken und Winkeln aus Angst vor Übergriffen meiden würden.

Frauenparkplatz? Fast jeder fünfte Mann in Deutschland parkt sein Auto auch schon mal dort. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Männer dürfen ihr Auto auch auf Frauenparkplätze stellen:

Fast jeder fünfte Mann in Deutschland parkt sein Auto schon mal auf einem Frauenparkplatz, fünf Prozent tun das laut der YouGov-Umfrage aus dem vergangenen Jahr sogar häufig. Parkt ein Mann auf einem Frauenstellplatz, kann er rechtlich nicht belangt werden, denn die Straßenverkehrsordnung sieht Frauenparkplätze gar nicht vor. Allerdings würde er gegen die Hausordnung verstoßen, der Parkplatzbetreiber könnte ihn abschleppen lassen und ein Hausverbot erteilen.

Ob Parkplatzbetreiber gesonderte Stellplätze für Frauen ausweisen müssen, regeln die Garagenverordnungen der Länder. Vorschriften für Frauenparkplätze gibt es etwa in Baden-Württemberg, nicht aber in Bayern. Dort steht es den Besitzern dann offen, solche Hinweise anzubringen oder nicht.

Frauenparkplätze diskriminieren Männer:

Zugegeben, Männer werden durch extra ausgewiesene Stellplätze für Frauen zwar ungleich behandelt, eine Diskriminierung im juristischen Sinne liegt damit allerdings noch nicht vor. Das Gesetz nämlich lässt Ungleichbehandlungen dann zu, wenn es einen sachlichen Grund für eine Unterscheidung gibt: das Sicherheitsbedürfnis von Frauen zum Beispiel, die gemäß Kriminalstatistiken viel häufiger als Männer sexualisierte Gewalt erfahren.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz urteilte 2011 genau in diesem Sinne, als es die Klage eines Krankenpflegers abwies, der sich diskriminiert fühlte, weil sein Arbeitgeber Mitarbeiterparkplätze im Eingangsbereich des Klinikums nach dem Grundsatz "Frauen vor Männer" vergab. Es gebe eben einen berechtigten Sachgrund für die Ungleichbehandlung, entschied das Gericht: das Sicherheitsinteresse der Frauen.

Frauenparkplätze diskriminieren Frauen:

Eine ganz andere Argumentation will nun am Mittwoch laut Klagebegründung der Mann vor dem Verwaltungsgericht in München bemühen. Das Schild für die Frauenparkplätze vermittle doch den Eindruck weiblicher Schwäche, so seine Sichtweise. Bernhard Franke von der Antidiskriminierungsstelle schätzt das Argument als "relativ schwach und polemisch" ein, schließlich stehe es Frauen "völlig offen, ob sie das auf Sicherheitsgründen beruhende Angebot annehmen wollen oder auch nicht". Vergleichbar sei das Argument, die Schilder stellten Frauen mit Menschen mit Behinderung gleich, weil nur diese beiden Gruppen Extraplätze bekämen.

Der Fall unterscheidet sich vor allem in einem Punkt von jenem in Rheinland-Pfalz: Zum ersten Mal steht das Ausweisen von Frauenparkplätzen als öffentlicher Akt auf dem Prüfstein, denn es geht um einen städtischen Parkplatz. Beklagte ist die Stadt Eichstätt.

Die Verantwortlichen hatten die Frauenstellplätze auf dem länglichen Parkplatz entlang der Altmühl 2016 eingeführt, nachdem dort am Ufer eine 60-jährige Frau überfallen und vergewaltigt worden war. Jetzt sollen Frauenparkplätze an jenem Rand des Parkplatzes, der dem Stadtzentrum am nächsten liegt, Frauen vor allem bei Dunkelheit den langen Weg entlang der Altmühl ersparen. Wohlwollend sei das damals angenommen worden, sagt Hans Bittl, Verwaltungsdirektor der Stadt. "Und jetzt stört's halt einen."

Für Mittwoch ist er dennoch optimistisch. "Wir stehen zu der Entscheidung und wir möchten das so beibehalten." Festzuhalten bleibt noch, dass der Höhepunkt in der Geschichte des Frauenparkplatzes dessen Abschaffung wäre - in einer fernen Zukunft natürlich ohne männliche Gewalt und maskuline Bedrohung.

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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