Familientrio:Sollen wir unserem Sohn sagen, dass sein Youtube-Kanal langweilig ist?

Der 14-Jährige filmt gerne und will sein Leben im Netz dokumentieren. Seine Mutter findet das peinlich. Was tun? Drei Experten geben Rat.

Die Frage

1 / 4
(Foto: imago/Westend61)

Unser Sohn, 14, will einen eigenen Youtube-Kanal, denn schließlich hätten all seine Freunde einen. Wir schätzen sein Talent, mit der Kamera umzugehen, und würden ihn auch gerne unterstützen. Aber dürfen wir ihm sagen, dass wir es völlig uninteressant und peinlich finden, wenn er und seine Freunde ihre normalen Tagesabläufe im Internet veröffentlichen? Daniela N., Köln Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

Kirsten Boie

2 / 4
(Foto: Christian Charisius/dpa)

Das dürfen Sie: Zwischen 13 und 17 Jahren ist die Anmeldung eines Kanals bei Youtube ja ohnehin nur mit Zustimmung der Eltern erlaubt, und das hat auch seine Gründe. (Das bekannte "alle anderen dürfen"-Argument sollten Eltern sowieso schon ganz früh anzweifeln und für irrelevant erklären.) Wobei die Tatsache, dass seine Beiträge "uninteressant" sein könnten, dafür keine Rolle spielen sollte - denn dann guckt sie eben niemand an. Wichtiger ist aber (wie auch bei Instagram, Snapchat, etc.): Sie wissen nicht, was er überhaupt einstellt, ob er sich - oder andere! - auf eine Weise bloßstellt, die ihm oder anderen schaden könnte - eventuell auch erst später. Nur: Geht es ihm primär um Selbstdarstellung oder - Sie schreiben, er kann gut mit der Kamera umgehen - hauptsächlich um die Faszination durch die Tools, darum, was er filmisch alles entwickeln kann? Ein Kompromiss wäre dann: Sie müssten jeden Clip freigeben. Auch das bedeutet aber vielleicht permanente Konflikte! Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugend- büchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul

3 / 4
(Foto: Anne Kring)

Natürlich dürfen Sie denken und fühlen, was immer Sie wollen. Ihr Sohn ist jetzt 14 Jahre alt. Meinen Verhaltensregeln für Eltern nach bedeutet das aber, dass Sie ihm nur dann möglicherweise schädliche Rückmeldung geben, wenn er Sie darum bittet. Ihr Kommentar zu seinem Youtube-Kanal wird seiner Entwicklung nicht schaden und wird ihn vermutlich noch nicht mal überraschen, aber es könnte eine unnötige Delle in Ihre Beziehung bringen. Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internatio- naler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Collien Ulmen-Fernandes

4 / 4
(Foto: Anatol Kotte)

Klar können Sie ihm das mitteilen, so als wären Sie eine Fernsehzeitschrift, die den Daumen hebt und senkt oder die kreative Arbeit des Kindes mit ein bis drei Punkten in den Kategorien Spannung, Anspruch und Action bewertet. Aber warum? Weshalb so bockig? Sie werden die Sprache und das Format dieser Generation nicht ändern können, und wenn Sie sich auf den Kopf stellen. Sie unterscheiden sich eben erheblich von unseren Vorstellungen, so wie sich Knickerbocker nicht mit Baggypants vergleichen lassen. Haben Ihnen Ihre Eltern verboten, mit Kreide oder Knete zu gestalten? Youtube ist nichts anderes als die Bastelmöglichkeit der Generation Z. Die Formate der Kinder mögen in Ihren Augen vielleicht öde und peinlich wirken, allein: Wir Eltern haben in dieser kreativen Frage nichts zu melden und müssen uns damit trösten, dass auch wir ziemlich peinliche Lieder gesungen haben und unsere Laubsägearbeiten auch nicht viel mehr wert waren als das, aus dem sie sind. Sie und ich, wir müssen unseren Kindern die Chance geben, eine ganz normale peinliche Jugend verbringen zu dürfen, so wie wir sie auch hatten. Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin, Model und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama". Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: