Erste Heirat eines schwulen Paares in Frankreich:Zwei Messieurs sagen "Oui"

Lesezeit: 3 min

Es soll der schönste Tag im Leben der Herren Autin und Boileau werden - und ein Meilenstein für die Rechte Homosexueller: An diesem Mittwoch heiratet in Frankreich zum ersten Mal ein schwules Paar. Die beiden zeigen sich zuversichtlich. Trotz der Proteste, die die Hochzeitsvorbereitungen überschatten.

Von Felicitas Kock

Eines ist Vincent Autin und Bruno Boileau besonders wichtig: dass ihre Hochzeit nicht allein als Propaganda für die gute Sache gesehen wird. "Das ist keine politische Aktion, sondern eine Liebesheirat", haben sie im französischen Fernsehen klargestellt. Und doch wird es eine politische Angelegenheit sein, wenn sich die beiden Messieurs an diesem Mittwoch im Rathaus der südfranzösischen Stadt Montpellier das Ja-Wort geben.

"Die Braut wird nicht weiß tragen. Keinen Schleier und keinen Unterrock. Sie wird ein Hemd und Hosen tragen, sie ist ein Junge", schreibt die Zeitung Le Figaro und skizziert damit eine Situation, die es so in der Grande Nation noch nicht gegeben hat - und die einige Franzosen auch in Zukunft nicht akzeptieren wollen. Die Heirat eines homosexuellen Paares.

Erst am vergangenen Wochenende gingen in Paris wieder 150.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Homo-Ehe zu protestieren. Es gab Ausschreitungen, Demonstranten bewarfenn die Polizei mit Steinen und Rauchbomben, 300 Personen wurden festgenommen. Und auch wenn es sich bei den Festgenommenen mitunter um Trittbrettfahrer handelt, um Mitglieder rechter Gruppierungen, die den Protest gegen die gleichgeschlechtliche Ehe nutzen, um für ihre eigenen Belange mobil zu machen, ist klar, dass es in Frankreich Widerstand gegen die Eheschließung der Herren Autin und Boileau gibt.

Bei der feierlichen Trauung mit 500 geladenen Gästen - neben 200 Freunden und Verwandten werden 300 Gäste aus Politik und Gesellschaft sowie 130 Journalisten erwartet - werden deshalb mehr Sicherheitsvorkehrungen nötig sein als bei anderen Hochzeiten. Eine öffentliche Feier auf dem Rathausplatz wurde aus Angst vor homophoben Übergriffen abgesagt. Doch die zusätzliche Belastung nehmen die künftigen Eheleute in Kauf: "Das wird ein emotionaler Moment, in dem wir an all die Kämpfe denken, die wir ausgetragen haben. Und an die Menschen, die sich dafür einsetzen, dass Frankreich endlich Kurs auf Gleichberechtigung nimmt", heißt es in einer Stellungnahme Autins.

Eine Hochzeit wie jede andere

Abgesehen von der hohen Medienpräsenz bei der Trauung soll das Fest möglichst ungezwungen über die Bühne gehen. Abends ist eine Party im kleineren Kreis an einem geheimen Ort geplant: "Das Menü steht, die Desserts sind bald zum Verzehr bereit. Alles wie bei jeder anderen Hochzeit auch", sagte Autin im Fernsehen.

Von den Eheleuten haben die Franzosen dank des großen Medieninteresses eine ganze Menge mitbekommen. Sie wissen jetzt, dass der 30 Jahre alte Bruno vor allem "das Charisma, die ruhige Ausstrahlung und das Aussehen" an seinem zehn Jahre älteren Partner Vincent schätzt. Dass sich die beiden vor mehr als sieben Jahren über das Internet kennengelernt haben. Dass sich Bioleau lieber im Hintergrund hält, während Autin offen und engagiert für die Gleichberechtigung Homosexueller kämpft. Und dass die Hochzeit nun doch ein wenig früher kommt, als gedacht.

Erst seit 18. Mai gibt es in Frankreich die "Ehe für alle", die erste Vermählung eines homosexuellen Paares war eigentlich für Juni vorgesehen. "Aber dann kam plötzlich der Anruf mit der Zusage für den 29. Mai", berichtet Autin.

Großer Schritt im "San Francisco Frankreichs"

Dass es am Ende so schnell ging, haben Autin und Bioleau vor allem der dritten Protagonistin zu verdanken, die an diesem Mittwoch eine entscheidende Rolle spielt: Montpelliers Bürgermeisterin Hélène Mandroux. Die 72-Jährige hatte sich vehement dafür eingesetzt, dass dem neuen "Ehe für alle"-Gesetz so schnell wie möglich Taten folgen. Und welcher Ort wäre besser für die erste Schwulen-Heirat geeignet als Montpellier? Die Stadt wird wegen dem offenen Umgang mit Schwulen und Lesben auch als "San Francisco Frankreichs" bezeichnet. Hier finden große Gay-Pride-Demonstrationen statt. Bürgermeisterin Mandroux wurde 2011 mit dem Pierre-Guénin-Preis für ihr Engagement gegen Homophobie geehrt, nachdem sie zuvor ein gleichgeschlechtliches Paar "symbolisch" getraut hatte.

Auf die erste offizielle Trauung an diesem Mittwoch angesprochen, sagt Mandroux, sie hoffe, dass viele homosexuelle Paare es Autin und Bioleau gleichtun werden. Ein Wunsch, den die künftigen Eheleute teilen. Sie wollen nicht nur das erste verheiratete homosexuelle Paar Frankreichs sein, sondern ein Vorbild für alle, die da noch kommen mögen. Wenn das Eheleben klappt, wollen sie sich dem nächsten Schritt widmen und Kinder adoptieren.

Und was, wenn es schiefgeht? Wenn die Ehe nicht hält? "Wir hoffen natürlich, dass es für immer ist. Aber sollte es auseinander gehen, bedeutet das wie für alle anderen auch: Unannehmlichkeiten, Ärger und Stress", sagt Autin in einem Interview. Gleichberechtigung eben - mit allem, was dazugehört.

© Süddeutsche.de/AFP/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: