Die Karriere der Katie Holmes:Kiosk statt Kino

Lesezeit: 4 min

Katie Holmes war mal eine Schauspielerin mit ernsthaften Ambitionen auf eine Leinwandkarriere. Dann heiratete sie Tom Cruise. Etwas muss schiefgegangen sein.

Tanja Rest

Als sich die Schauspielerin Katie Holmes mit dem Superstar Tom Cruise verlobte, machte man sich bei ihrer Heimatzeitung in Toledo, Ohio, so seine Gedanken. "Was passiert, wenn unsere gute alte Katie zu 'Katie Cruise' wird, ,die frühere Schauspielerin, besser bekannt als die dritte Frau von Tom Cruise?'"

Der Boulevard hat sich auf Katie Holmes gestürzt. Kein Wunder, sie ist ein leichtes Opfer. (Foto: Foto: oh)

Nun sind die beiden seit drei Jahren verheiratet, und die Kaffeesatzleser der Klatschindustrie beurteilen die aktuelle Situation im Haushalt Cruise-Holmes wie folgt: "Katie ist happy ohne Tom!", so sieht es Life & Style und berichtet von fröhlichen Partyexzessen und sexy Klamotten - "ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich immer mehr von Tom löst". Bild wiederum weiß: alles üble Nachrede. "Hier küssen sie die Ehekrisen-Gerüchte weg!" In bewertet die Lage düsterer: "Katie ist blass, genervt und müde", oft greife sie sich "an den noch kaum erkennbaren Schwangerschaftsbauch". Chilly-vanilly.net hat sogar herausgefunden, wie viel dieser (unbestätigte) Bauch wert ist: "Für ein zweites Kind verlangt sie von Tom elf Millionen Dollar!"

So weit die Nachrichtenlage.

Dass über Stars einfach alles behauptet werden darf, solange es die Auflage oder die Klickzahlen steigert, gehört zum Geschäftsprinzip der Branche. Selten aber hat ein Star auf der Grundlage von so wenigen Fakten so viele Zeitschriftenseiten und Magazintitel gefüllt wie die frühere Schauspielerin, besser bekannt als die dritte Frau von Tom Cruise. Oder auch: als die Frau, wegen der Cruise bei Oprah Winfrey auf dem Sofa rumhopste und zum Vollidioten wurde.

Wer diese Frau wirklich ist, das scheint im Moment keiner genau zu wissen, möglicherweise nicht mal sie selbst. Ihre erschütternd inhaltslosen Interviews schnurren auf die drei großen Mantras zusammen: Ich bin eine glückliche Mutter. Ich bin eine glückliche Ehefrau. Ich bin eine glückliche Schauspielerin. In den Dichterstuben von femalefirst.co.uk und PerezHilton.com reibt man sich ob solcher Hohlformeln beglückt die Hände. Katie Holmes, 30, ist hübsch, stylish, mit einem Giganten verheiratet und praktisch sprachlos. Leichter geht's nicht.

Bevor sie Mrs. Cruise wurde und im Mutmaßungsdschungel verlorenging, war Holmes eine Nachwuchsschauspielerin mit Potential für mehr. Kritiker fanden sie bezaubernd, originell, authentisch. Den Casting-Termin für eine TV-Soap ließ sie sausen, weil sie bei der Premiere ihres Highschool-Theaterstücks nicht fehlen wollte. Die Rolle bekam sie trotzdem. Als Kleinstadtmädchen Joey Potter in der Serie "Dawson's Creek" (1998 bis 2003) wurde Holmes mit einem Schlag berühmt.

Das Magazin Life bescheinigte ihr einen "seismischen Einfluss auf das Leben von Teenagern", die Washington Post nannte sie "die Audrey Hepburn ihrer Generation". Ihren ersten Leinwandauftritt hatte sie bei Ang Lee, im Psychodrama "Der Eissturm". Er habe diesen großen, offenen Augen nicht widerstehen können, sagte Lee. "Sie ist wirklich ein schönes Mädchen, aber auch voller Intelligenz, und das sieht man."

Es fing gut an für Holmes, aber es ging nicht richtig gut weiter. Eine Reihe von Nebenrollen, mäßiges Publikumsinteresse, schwankende Kritiken. Für ihre Leistung in "Batman Begins", dem kommerziell erfolgreichsten Film ihrer Karriere, wurde sie für die Goldene Himbeere als schlechteste Schauspielerin nominiert. In einem Interview klagte sie: "Es ist nicht so, dass dort draußen ein Haufen großartiger Angebote auf mich wartet, die ich nur noch unterschreiben müsste."

Im Frühjahr 2005 lernte Katie Holmes Tom Cruise kennen. Nach drei Monaten machte er ihr ein großartiges Angebot. Sie unterschrieb.

Auf der nächsten Seite: Was nach der Hochzeit mit Katie Holmes geschah.

Promis mit Gesprächsbedarf
:Bekenntnisse auf der Couch

Wenn Prominente Geheimnisse lüften, gehen sie dafür gerne in die Öffentlichkeit. Jüngst besuchte Hillary Clinton eine Talkshow - und verriet, was sie von ihrem Ehemann hält.

Die Bekenntnisse in Bildern.

Katie Holmes hatte das "Top Gun"-Plakat von Cruise über ihrem Bett hängen, da war sie siebzehn. Und war das nicht rührend? Junge Frau trifft den strahlenden Helden ihrer Teenagerträume, wird von ihm mit Geschenken überhäuft und darf auf dem Pariser Eiffelturm die Frage beantworten, ob sie... will? Cruise berief direkt eine Pressekonferenz ein, die Nachricht von Cinderella und ihrem Hollywood-Prinzen jagte um die Welt. Der Boulevard hieß die süße Brünette mit dem netten Lächeln herzlich willkommen. Dann fraß er sie.

Trittbrett-Prominente
:Nimm mich mit ins Rampenlicht!

Dank seiner berühmtberüchtigten Tochter Amy könnte Mitch Winehouse bald der neue Star am Popstarhimmel sein: Wie so viele Möchtegern-Promis, die sich im Licht anderer sonnen.

Bildern.

Mit der medialen Aufmerksamkeit ist es so eine Sache. Sie bekommt nicht jedem. Angelina Jolie konnte der Klatsch nichts anhaben, sie war schon ein etablierter Star, bevor sie mit Brad Pitt fusionierte. Geschöpfe wie Paris Hilton oder Lindsay Lohan sind Erfindungen des Klatsches, ohne die Medien gäbe es sie als Figuren nicht. Katie Holmes aber, die ihre Karriere noch vor sich hatte, wurde nach der Verlobung mit Cruise nicht mehr als Schauspielerin wahrgenommen. Sie konvertierte zu Scientology. Sie bekam eine Tochter, Suri. Sie heiratete Cruise am 18. November 2006 in einem italienischen Kastell, durch die Zeremonie führte der Hubbard-Nachfolger David Miscavige. Sie freundete sich ausgerechnet mit Victoria Beckham an.

Fortan stand so viel Mist über sie in den falschen Blättern, dass ein seriöser Regisseur Holmes eigentlich nicht mehr verpflichten konnte. Kiosk statt Kino. Es war fast wie bei Masako Owada, die vor ihrer Heirat mit dem Thronfolger Naruhito einen hochdotierten Job beim japanischen Außenministerium gehabt hatte und sich plötzlich in einer hermetischen Welt wiederfand: umgeben von einem Hofstaat, eingebunden in ein unerbittliches Zeremoniell blieb ihr nichts als die Rolle der mundtoten "Frau an seiner Seite".

Prinzessin Masako wurde depressiv. Katie Holmes ging einkaufen.

Die vier Lieblingsmotive der Katie-Berichterstatter, erstens, das Goldener-Käfig-Motiv: Tom kontrolliert in seiner rasenden Eifersucht Katies Telefon- und Kreditkartenabrechnungen, Katies Bekanntschaften, Katies Kleiderwahl. In der 1300-Quadratmeter-Villa in Beverly Hills überwachen seine Mutter Mary Lee und seine Schwester Lee Anne jeden ihrer Schritte. Zweitens, das Krankheits-Motiv: Katie fühlt sich von Tom alleingelassen und bricht immer wieder auf offener Straße in Tränen aus. Sie magert zusehends ab, ihre Augenringe sprechen Bände. Dabei wünscht sie sich so sehr ein zweites Kind! Drittens, das Alles-aus-Motiv: Seit die Scheidung beschlossen ist, sieht Katie aus wie das blühende Leben und will sich jetzt endlich auf ihre Karriere konzentrieren. Viertens, das Alles-ganz-anders-Motiv: Katie und Tom sind das glücklichste Paar der Welt.

Katie Holmes war in den Jahren ihrer Ehe einmal im Kino und einmal am Broadway zu sehen, die Kritiken klangen höflich bis vernichtend. Möglicherweise ist sie in der Rolle der Mrs. Cruise ja besser, als sie es als Schauspielerin jemals sein wird - eine makellose, letztlich unbeschriebene Folie, auf die der Betrachter seine Sehnsucht nach Glamour und Drama projizieren kann. Gefragt, wie sie mit der ungewollten Aufmerksamkeit umgehe, antwortete sie: "Ich habe den größten Filmstar aller Zeiten geheiratet, ich habe keine Wahl. Es ist okay." Ob das nun Resignation oder Pragmatismus war, darf sich jeder selbst aussuchen.

© SZ vom 10.11.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: