"Der Zauberberg" am Burgtheater:Husch, husch

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1000 Seiten in 130 Minuten: Thomas Manns "Der Zauberberg" in einer Schnellversion am Wiener Burgtheater.

Von Wolfgang Kralicek

In seinem Roman "Der Zauberberg" (1924) schickt Thomas Mann den jungen Hamburger Hans Castorp am Vorabend des Ersten Weltkriegs in ein Schweizer Lungensanatorium. Aus den drei Wochen, die Castorp im Berghof verbringen wollte, werden im Roman sieben Jahre. Aus den vielen Tagen, die man für die Lektüre des Romans veranschlagen muss, werden im Burgtheater zwei Stunden und zehn Minuten. Überhaupt setzt der Regisseur Bastian Kraft in seiner Inszenierung auf Minimalismus. Als gäbe es im Burgtheater nicht Ressourcen in Hülle und Fülle, kommt er mit nur vier Schauspielerinnen und Schauspielern aus, und auch die Bühnenmaschinerie kommt kaum zum Einsatz. Alles spielt sich auf der Vorbühne ab, wo der Bühnenbildner Peter Baur aus Versatzstücken eines Hotels - Mauern, Parkettböden, ein Schlüsselbord - einen Hügel gezimmert hat, auf dem Dagna Litzenberger Vinet und Sylvie Rohrer, Felix Kammerer und Markus Meyer den ganzen Abend lang herumklettern.

Bemerkenswerterweise kommt Kraft in seiner Fassung ohne Erzählerstimme aus. Die Schauspieler stellen einerseits auf der Bühne alle den Protagonisten Hans Castorp dar - und markieren andererseits in vorproduzierten, auf den Bühnenberg projizierten und live synchronisierten Videos alle anderen Personen der Handlung. Bei den Videodrehs hatte die Maskenbildnerin (Lena Damm) alle Hände voll zu tun; mithilfe von Perücken, aufgeklebten Schnurrbärten, viel Schminke und auch Schmiere werden die vier Darsteller in 14 verschiedene Figuren verwandelt.

Leider keine Zeit für das Vergehen der Zeit

Im Schnelldurchlauf werden auf diese Weise die wichtigsten Motive des Romans abgehandelt. Die halbgebildete Frau Stöhr, die "infisziert" sagt und von Beethovens "Erotica" schwärmt, tritt ebenso auf wie die mysteriöse Russin Clawdia Chauchat, mit der Castorp eine Liebesepisode hat. Kurz angespielt wird auch das intellektuelle Duell zwischen Castorps liberalem Mentor Settembrini und dessen sophistischem Rivalen Naphta - Letzteren rückt Kraft in die Nähe von Wutbürgern, indem er ihm Worte wie "Gutmenschen" in den Mund legt.

Zu den Ritualen auf dem Zauberberg gehört es, viermal täglich Fieber zu messen. Die Patienten sind dabei angehalten, das Fieberthermometer exakt sieben Minuten lang im Mund zu behalten. Dass das ganz schön lang sein kann, wird in jener Szene nachvollziehbar, in der auf der Bühne Fieber gemessen wird - gefühlte sieben Minuten lang. Es ist der einzige Moment der Aufführung, in der man spürt, dass Zeit vergeht. Zeit beziehungsweise Zeitempfinden ist im Roman zwar ein großes Thema, das in der Aufführung auch immer wieder angesprochen wird; die Regie nimmt sich dann aber nicht die Zeit dafür.

Technisch ist Bastian Krafts Adaption beeindruckend. 1000 Seiten in 130 Minuten: Das muss man erst mal so hinkriegen. Kompakter wird einem der "Zauberberg" nur noch in einer Youtube-Zusammenfassung serviert. Genau das ist dann aber auch das Problem an dieser Inszenierung: Sie möchte es ihrem Publikum möglichst einfach machen. Es ist der seltene Fall eines Theaterabends, dem ein paar Längen guttun würden.

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