Kaiserslautern:Bürckel: Premiere von Stück über Schuld und Erinnerung

Lesezeit: 2 min

Die Schauspielerin Hannelore Bähr in der Rolle von Hilde Bürckel. (Foto: Thomas Brenner/Thomas Brenner/Pfalztheater/dpa)

Zum 80. Jahrestag der Deportation Tausender Juden aus der Saarpfalz und Baden bringt das Pfalztheater ein Stück erschreckende Zeitgeschichte auf die Bühne....

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Kaiserslautern (dpa/lrs) - Zum 80. Jahrestag der Deportation Tausender Juden aus der Saarpfalz und Baden bringt das Pfalztheater ein Stück erschreckende Zeitgeschichte auf die Bühne. „Bürckel! - Frau Gauleiter steht ihren Mann“ feiert in Kaiserslautern an diesem Donnerstag (1. Oktober) seine Premiere. Hannelore Bähr spielt in dem Ein-Personen-Stück Hilde Bürckel, Ehefrau des pfälzischen Gauleiters Josef Bürckel (1895-1944). Er gilt als Mitorganisator der Deportation vom 22. Oktober 1940 ins Lager Gurs, der „Vorhölle von Auschwitz“.

„Als der Schriftsteller Peter Roos mit der Projektidee auf uns zukam, waren wir sofort interessiert“, sagt Chefdramaturg Andreas Bronkalla. Roos habe einen klugen dramaturgischen Ansatz gewählt. „Er erzählt das Leben und Wirken von Josef Bürckel aus der Perspektive seiner Witwe, nach Ende der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs.“ In der Erzählung von Hilde Bürckel gehe es also immer auch um die Ausblendung und Verdrängung von Fakten und Relativierung von Schuld.

Das Geschehene dürfe nicht in Vergessenheit geraten, sondern müsse auch mit Mitteln der Kunst erfahrbar gemacht werden, sagt Bronkalla. „Man darf nicht vergessen: Die damaligen Ereignisse sind kein entferntes Abstraktum, sondern Täter und Opfer waren Menschen in dieser Region. Sie lebten und agierten auch in unserer Stadt.“

Für Susanne Schmelcher, die das Stück inszeniert, zeigt „Bürckel!“ das Psychogramm eines Mitläufers. Nach wie vor bleibe die Frage spannend, warum so viele Menschen rechtsextremen „Rattenfängern“ folgen. „Die Parallele zu heute stellen wir durch Platzierung bestimmter Sätze her sowie durch ein Akustikkonzept, das die Figur in Bezug setzt zu historischen wie heutigen Sounds und Reden.“

Es sei verblüffend, wie sehr Bürckel-Rhetorik dem Jargon heutiger rechter Akteure ähnele. „Die NS-Vergangenheit scheint doch nicht so vergessen und aufgearbeitet, wie wir denken. Umso wichtiger, in der Kunst ein Zeichen dagegen zu setzen“, betont Schmelcher. Es sei teilweise unerträglich, immer wieder mit den Grausamkeiten der Hauptakteure der Causa Bürckel konfrontiert zu sein. „Vor allem, wenn diese so beiläufig, nachvollziehbar, manchmal komisch rüberkamen.“

Für Darstellerin Hannelore Bähr ist die Figur sowohl historisch, als auch fiktiv. „Mit Sicherheit hätte Hilde Bürckel nicht so gesprochen wie die Hilde von Peter Roos, das macht das Ganze sehr lebendig und kunstvoll. Auch auf die Sprache können die Zuschauer gespannt sein“, meint Bähr. Sie gebe der „Frau Gauleiter“ Körper, Stimme und Emotion. „So ist ein großer Batzen Hannelore Bähr in Hilde Bürckel“, sagt sie - das reiche bis zu den Initialen der Namen: HB.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: