Die Kartoffeln, Tomaten und Gurken, die wir täglich kaufen, gehören zur absoluten Elite des geernteten Gemüses. Von Größe über Geschmack und Farbe bis hin zu Krümmungsverhalten und Rundung sind sie perfekt. Und sie sind noch dazu billig, bei all den Sonderangeboten, die es ständig gibt. Bei diesem Angebot greifen wir gerne zu. Doch hinter dieser Essware liegt eine bittere Wahrheit verborgen: Der Großteil der produzierten Lebensmittel schafft es erst gar nicht ins Regal, weil ihre Eigenschaften unserem Nachfrageverhalten zuwiderlaufen.
Riesiger Brotberg in einer Lagerhalle: "Wir leben in einer Zuvielnation".
Computer analysieren die Farbe von geernteten Tomaten und sortieren die Früchte aus, die kein perfektes Rot haben. Kartoffeln müssen klein, rund und ebenmäßig sein. Äpfel mit einem Durchmesser unter fünf Zentimeter sind von vornherein Abfall.
Diesem Wahnsinn folgt Valentin Thurn in seiner Dokumentation Taste the Waste, die am Donnerstag in die Kinos kam. Sie hält uns Konsumten den Spiegel vor, indem sie eine einfache Frage stellt: Warum werfen wir die Hälfte unserer Lebensmittel weg?
Thurns Film vermeidet den erhobenen Zeigefinger und schildert mit großer Ruhe die verstörende Verschwendung von Lebensmitteln in der westlichen Welt. Geschickt montiert aus vielen kleinen Interview-Episoden und Momentaufnahmen gelingt Thurn eine vielschichtige Dokumentation.
Fehlende Wertschätzung für Lebensmittel
Ohne zu aufdringlich zu werden, ist die Kamera immer nahe am Geschehen: Am deutschen Kartoffelbauern, der beklagt, dass er stets die Hälfte seiner Ernte aussortieren muss, obwohl die Ware einwandfrei genießbar ist und nur scheitert an den ästhetischen Wünschen des Handels und der Kunden. Thurn filmt in einem japanischen Supermarkt, in dem ein Mitarbeiter frisches Sushi wegwirft, weil es eben nicht total makellos ist - 50 Kilogramm täglich.
Die Kamera folgt Angestellten eines französischen Großhandels, die gerade im Begriff sind, 8500 Kilogramm Orangen in den Müll zu werfen, weil diese zu reif aus Spanien angeliefert wurden. Dabei handelt sich um kein halbverottetes Obst, es sind saftige süße Früchte. Doch sie würden dem Einzelhandel zu viele Umstände machen, wenn sie jemand nach einigen Tagen aus dem Regal sortieren müsste. "Damit nerven wir uns nicht herum" hören wir einen Arbeiter in gleichgültig-frechem Tonfall sagen. Spätestens hier schüttelt der Zuschauer ungläubig den Kopf.
Die zwei jungen Männer, die ganz zu Beginn des Films in den Mülltonen von Wiener Lebensmittelketten nach Essbarem suchen, wirken zunächst befremdlich. Sie suchen nicht aus Not nach Essbaren, sondern sehen das als politisches Statement. Wenn sie berichten, wie viele immer noch haltbare, eigentlich perfekte Lebensmittel sie aus dem Müll ziehen, macht der Film seinen ersten Punkt.