SZ-Serie: Die Stunde der Dichter:Individualist gegen Sozialist

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Der eine fürchtete sich in seiner Villa in Bogenhausen vor Plünderern, der andere mischte als Vorsitzender eines Rates bei der Revolution mit: Thomas und Heinrich Mann (hier undatierte Aufnahmen aus späteren Lebensjahren) waren einander in diesen Münchner Jahren sehr fremd. (Foto: dpa)

Der eine fürchtete sich in seiner Villa vor Plünderern, der andere mischte bei der Revolution mit. Thomas und Heinrich Mann hatten sehr unterschiedliche Meinungen über die Räterepublik.

Von Antje Weber

Dies ist kein wirklich guter Tag für Thomas Mann. Zwar hat er an diesem Donnerstag, 7. November 1918, morgens zwei Hexameter aufgeschrieben, das ist ja ein Anfang. Doch er ist erkältet. Und eine Zeitung hat er auch nicht bekommen, überhaupt keine Post, auch die Läden sind geschlossen. Das liegt an diesem "Massenumzug" in der Stadt. "Nieder mit der Dynastie!", rufen die Menschen. "Albernes Pack", notiert Thomas Mann in sein Tagebuch. Abends geht er mit seiner Frau Katia in ein Konzert. "Sonderbare, zweideutig-ungewisse Stimmung in der Stadt, bei klarem, feuchtem Sternenhimmel", stellt er danach fest: "Revolutionär, aber friedlich und festlich." Immer wieder knallen Feuerwerksschüsse. "Irgendwie begehen die Menschen den Anbruch einer neuen Zeit."

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