Glosse:Das Streiflicht

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Der Journalist und Putin-Interpret Hubert Seipel bezeichnet die Zahlung von 600 000 Euro, die er von einem russischen Oligarchen erhielt, lediglich als "Sponsoring". Was da wohl unterstützt wurde? 

(SZ) Es ist immer wieder erstaunlich, wenn Menschen, die sich sehr progressiv und anderen moralisch überlegen fühlen, sich für Potentaten, Kriegstreiber und Tyrannen erwärmen, die alles Progressive hassen und bekämpfen. Manche haben noch kurz vor Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine geschrieben, dieser habe doch niemals die Absicht, die Ukraine zu überfallen; da sehe man wieder, wie der böse Westen den großen Verkannten im Kreml dämonisiere. Der in Teilen der ARD sehr beliebte und vielfach preisgekrönte Journalist Hubert Seipel behauptete dergleichen noch wenige Wochen, bevor Putins Panzer Richtung Kiew rollten, mit der Haltung eines Mannes, der wirklich durchblickt und herabsieht auf all die Narren und Hysteriker. Hubert Seipel hat zudem Filme und Bücher über den Kremlherrscher verfasst, die diesen, um es freundlich zu sagen, in so mildem Licht der Verklärung schilderten, dass man fast hätte denken können, der Autor werde vom Kreml bezahlt. Aber dann dachte man doch nicht so, weil man sich für solche böse Ideen geschämt hätte und nicht die Fantasie besaß, sich derlei wirklich vorzustellen. Doch wir leben in Zeiten, in denen die Wirklichkeit selbst finstere Fantasien spielend leicht übertrifft und in denen Menschen, die vom Guten in sich überzeugt sind, Verständnis für islamistische Terroristen äußern, die ja angenehmerweise ihre Massaker weit entfernt von uns begehen.

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SZ PlusDeutscher Journalist erhielt Zahlungen aus Russland
:Der bezahlte Biograf

Hubert Seipel, ein preisgekrönter deutscher Journalist, galt als Putin-Spezialist. Nach Recherchen des "Spiegels" und des ZDF hat er mehrere Hunderttausend Euro aus Russland bekommen.

Von Susan Vahabzadeh und Willi Winkler

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