Sein Repertoire war unendlich - Otto Sander spielte auf der Bühne und vor der Kamera Herrscher, Opfer, Trinker, einen Engel und den leibhaftigen Tod. Sein Stil und seine Stimme machten ihn dennoch unverwechselbar. Nun ist der Schauspieler mit 72 Jahren verstorben. Sein Leben in Bildern. Durch große Rollen auf der Bühne und vor der Kamera wurde Otto Sander zu einem der bekanntesten und beliebtesten Schauspieler des Landes. Er hielt sich zurück - und fand doch unzählige Fans. Im Bild: Sander beim Autogrammeschreiben bei der deutschen Premiere des Tarantino-Films "Inglourious Basterds" im Juli 2009.
Der 1941 in Hannover als Sohn eines Ingenieurs geborene Sander wandte sich direkt nach Abitur und Wehrdienst seiner Leidenschaft für Kunst und Bühne zu. Im München der sechziger Jahre studierte er Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie. Das Berufsziel damals war Regisseur, zugleich nahm Sander aber Schauspielunterricht an der berühmten Otto-Falckenberg-Schule und sammelte erste Bühnenerfahrungen. Sein erstes Engagement bekam Sander an den Düsseldorfer Kammerspielen 1966. Es folgten zahllose Rollen, zumeist in Berlin. 1971 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Berliner Schaubühne. Unter Regiestars wie Claus Peymann und Peter Stein avancierte Sander zu einem der erfolgreichsten Theaterschauspieler seiner Generation. Im Bild: Sylvia Broermann und Sander in einer Szene aus Robert Wilsons "Death, Destruction and Detroit" bei der Uraufführung am 12. Februar.1979 in der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin-Kreuzberg.
Sander bleibt mit Bühnenauftritten in Stücken von Botho Strauß, Samuel Beckett und Shakespeare und unzähligen weiteren in Erinnerung. Zeit für den Film nahm er sich trotzdem. Erste Kinoauftritte hatte Sander schon in den sechziger Jahren, etwa in "Die Marquise von O." Internationale Erfolge feierte er dann als dauerbetrunkener Trompeter Meyn in Volker Schlöndorffs Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel", als Ritterkreuzträger Thomsen in Wolfgang Petersens "Das Boot" und als Engel in "Der Himmel über Berlin" von Wim Wenders. Damals an seiner Seite: Sein Kollege und Freund Bruno Ganz, miteinander verbunden seit gemeinsamen Schaubühnen-Zeiten. Im Bild: Bruno Ganz als Damiel und Otto Sander als Cassiel in "Der Himmel über Berlin" aus dem Jahr 1987.
Immer wieder stand Sander in Shakespeare-Dramen auf der Bühne, wie hier als König in Peter Zadeks Inzenierung von "Hamlet" bei einem Pariser Theaterfestival im Dezember 2000. Im Bild: Sander mit Angela Winkler als Hamlet.
Sanders Facetten reichten vom klassischen Lustspiel über Opfer bis zu Tätern in Tragödien und Dramen. Sogar den Tod selbst mimte Sander, wie hier zu sehen bei einer Probe zum "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen im Juli 2000. Selbst in als misslungen kritisierten Inzenierungen wie "Der Hauptmann von Köpenick" von Matthias Hartmann am Schauspielhaus Bochum 2004 wurde die schauspielerische Leistung von Sander bejubelt. Im Bild: Sander als "Tod" und Ulrich Tukur als "Jedermann" während der Fotoprobe zu Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" auf dem Salzburger Domplatz im Juli 2000.
Sander galt zeitlebens als einer, "der beim Spielen und Leben den Ball flach hält". Seit 1973 war der Schauspieler mit seiner Kollegin Monika Hansen zusammen, 1985 heirateten die beiden. Im Bild: Sander und seine Frau Monika Hansen im April 2002 im Foyer des Hotel Adlon in Berlin bei einem Empfang zur Nominierung für den 52. Deutschen Filmpreis.
Für Monika Hansens Kinder Ben und Meret Becker war Otto Sander der Ziehvater. Die Familienbande wirkten sich auch auf die Arbeit aus - immer wieder standen die Schauspieler zusammen auf der Bühne oder vor der Kamera. Mit Ben Becker und Hansen etwa spielte Sander in den äußerst erfolgreichen Folgen des ARD-Polizeirufs 110 aus Wustermark. Im Bild: Ben Becker und Otto Sander im April 2000 bei der Eröffnung von Beckers Berliner Nachtclub "Trompete".
Nicht zuletzt durch seine Stimme wurde Sander unverwechselbar. Diese prägte nicht nur seine Schauspielrollen, sondern brachte ihm im Laufe seiner Karriere auch zahlreiche Aufträge als Sprecher als Synchronsprecher und in Radiostücken ein. Immer wieder war Sander auch bei Lesungen zu sehen. Preise für seine Talente bekam Sander viele, darunter den Adolf-Grimme-Preis und die Berlinale Kamera 2008. Im Bild: Sander erhält am 5. Mai 2012 den "Goldenen Ochsen", den Ehrenpreis des Filmkunstfests Schwerin, für sein Lebenswerk.
2007 erkrankte Sander an Speiseröhrenkrebs und musste sich für einige Zeit zurückziehen. Im Jahr darauf meldete er sich mit der Rolle des Blinden in Thomas Bernhards Komödie "Der Ignorant und der Wahnsinnige" am Schauspielhaus Bochum zurück. Seine letzte Kinorolle übernahm Sander in Bernd Böhlichs Altenkomödie "Bis zum Horizont, dann links!" aus dem Jahr 2012. Am 12. September 2013 ist Otto Sander im Alter von 72 Jahren in Berlin gestorben, in der Stadt, in der er laut dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zur "Institution" geworden war.