Wenn es in der Fotografie um Kunst geht, sind oft immer noch Schwarz-Weiß-Aufnahmen angesagt. Saul Leiter war er einer der ersten, der mit der Farbfotografie künstlerische Akzente setzen wollte. Dafür wurde er anfangs von seinen Kollegen verachtet, doch heute gilt der New Yorker als Pionier der Farbfotografie. Die Hamburger Deichtorhallen widmen ihm nun eine große Retrospektive. Eigentlich hätte er Rabbiner werden sollen, zumindest wenn es nach den Wünschen seines Vaters gegangen wäre. Doch Saul Leiter widersetzte sich - der 1923 in Pittsburgh geborene Amerikaner begann stattdessen bereits als Teenager zu malen. One of my favorites betitelte der Künstler dieses Bild, das um 1960 herum in New York entstand. Dorthin war Leiter bereits 1946 ... Text:Süddeutsche.de/mapo Bilder: Saul LeiterCourtesy Howard Greenberg Gallery, New York
... gezogen. Kurze Zeit darauf lernte er den Fotojournalisten W. Eugene Smith und den abstrakten Impressionisten Richard Poussette-Dart kennen, der ihn mit der Fotografie bekannt machte. Die beiden Bildkünstler bestärkten Leiter darin, sich der Fotografie zu widmen und bald entstanden die ersten Bilder, geschossen mit einer 35mm Leica. Das Bild zeigt ein Selbstpoträt des Künstlers aus den 1950er Jahren. Doch es vergingen Jahre, bis er als Künstler mit seiner Fotografie genug Geld verdienen konnte, um davon zu leben.
Möglich wurde ihm dies durch seine Modefotografie. Zwanzig Jahre lang arbeitete Leiter für Modemagazine wie Elle, British Vogue, Esquire und später Harper´s Bazaar. Das Porträt des Models Soames Bantry entstand 1960 für Nova. Bantry, später ebenfalls Künstlerin, war bis zu ihrem Tod 2002 mehr als 40 Jahre Leiters Lebensgefährtin. Künstlerisch schätzte Leiter die Modefotografie nicht besonders hoch ein - sie habe den niedrigsten Stellenwert in der Geschichte der Fotografie, sagte er einmal in einem Interview. Aber "für mich war es eine Möglichkeit mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Schließlich musste ich meine Stromrechnung und meine Miete bezahlen und ich brauchte Geld um mir etwas zu Essen zu kaufen."
Kennzeichnend für Leiters Fotografie, wie sie nun in den Deichtorhallen zu sehen ist, sind Abstraktion und Flächigkeit. Oft findet man große, tief schwarze, von Schatten hervorgerufene Flächen, wie hier in Nude. (1970er) Sowohl in schwarz-weiß ...
... als auch in Farbe. In Lanesville (1958) wird ein großer Teil der Aufnahme von Schatten beherrscht.
Viele Werke Leiters entstanden auf der Straße. Das New Yorker East Village liegt unweit seiner Wohnung, die er seit mehr als 60 Jahren bewohnt. (Foto: Barbershop, 1957) Während die Mehrzahl an Künstlern, die sich der Straßenfotografie widmen, Bilder in schwarz-weiß vorziehen, entstehen Saul Leiters Stücke in Farbe. Ein immer wiederkehrendes Stilelement bei ihm ...
... sind verschwommene Farbimpulse, überlagert von Glasscheiben. (Bild Snow, 1960) In seinen Aufnahmen fließen ...
... die Genres der Street-, Life-, Porträt-, Mode- und Architekturfotographie zusammen. (Bild Straw Hat, 1955) Es sind Motive von Passanten, Autos ...
... oder Schildern. In Harlem (1960) entzieht Saul Leiter bewusst das notwendige Licht, um einen Effekt der Entfremdung zu erzielen. Dies alles veschmilzt ...
... zur Farbsprache eines halb realen, halb abstrahierten urbanen Raums. (Bild Postmen, 1952) Leiters Bilder sind erzählende Zeitzeugen des New York der 50er, 60er und 70er Jahre. Das beliebteste Motive, das in seinen Stücken immer wieder auftaucht, ...
... ist ein Regenschirm, wie hier in Red Umbrella (ca. 1958). Auf die Frage, ob in seiner Arbeit eine gewisse Philosophie stecke, die er mit seinen Bildern kommunizieren möchte, meinte Leiter in einem Interview: "Ich habe nie versucht irgendeine Art von Philosophie zu vermitteln, schlicht, weil ich kein Philosoph bin. Ich bin Fotopraf. Das ist alles." Saul Leiter - Retrospektive, 3.2. − 15.4.2012 im Haus der Photographie, Deichtorhallen, Hamburg