"Sauerkrautkoma" im Kino:Ein oberbayerischer Cowboy in der großen Stadt

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Das Kraut muss in den Topf: Sebastian Bezzel als Polizist Eberhofer. (Foto: Constantin Film)
  • Die Provinzkrimis um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer nach Romanen von Rita Falk finden meist das richtige Verhältnis von Grant und Melancholie.
  • Im fünften Teil "Sauerkrautkoma" verschlägt es Eberhofer vom Land in die große Stadt München, wo er gegen Klischees anläuft.
  • Der Film krankt an einem sehr deutschen Figurentypus, richtig lustig wird es dabei nicht.

Von Philipp Bovermann

Die stärkste Waffe von Provinzfilmen gegen eine sich immer schneller drehende Welt ist wahrscheinlich die "Lätschn". Auf Bairisch nennt man so einen mürrischen Gesichtsausdruck, der beim Betrachten sofort entschleunigend wirkt. Wenn etwas Neues daherkommt, dann wird erst mal die Stirn gerunzelt, dann schieben sich die Augenbrauen zusammen, dann trinkt man ein Weißbier, dann befindet man, es sei die Aufregung eh nicht wert, und dann schau mer mal. Von Karl Valentin bis Gerhard Polt hat Bayern wunderbare Lätschngesichter hervorgebracht.

Die vielleicht schönste derzeit im Kino erhältliche Lätschn hat "der Eberhofer Franz", gespielt von Sebastian Bezzel. Bei ihm kann man beobachten, worauf es ankommt, nämlich auf das richtige Verhältnis von Grant und Melancholie. Der erste der Eberhofer-Krimis nach den Romanen von Rita Falk, 2013 erschienen, hieß daher passenderweise "Dampfnudelblues". Es geht um das fiktive "Niederkaltenkirchen" und um den Mann, der dort ans Telefon geht, wenn man die Polizei ruft. Dann meldet er sich mit "Eberhofer". Wenn mal wieder einer umgebracht wird, schaut er sich den Fall an, und zwar grantig und so lange, bis er sich quasi von selbst löst. Anstrengende Polizeiarbeit ist einfach nicht die Welt des Eberhofer Franz.

Deshalb ist es für ihn auch eine mittlere Katastrophe, dass er im fünften Teil der Reihe, "Sauerkrautkoma", nach München versetzt werden soll. In Niederkaltenkirchen passiere ja sowieso nicht viel, sagt der Dienststellenleiter. Aber immer noch besser als München, dort will man "Teamplay" von ihm. Das Polizeirevier sieht aus wie ein hippes Start-up, mit viel Licht und jungen Menschen, die offenbar auf ihre Ernährung achten. Da blüht beim Eberhofer natürlich die Lätschn im Gesicht, es meldet sich der Magen, also packt er erst mal ein paar Leberkässemmeln auf den Steh-Schreibtisch. Eberhofer läuft in München ständig gegen Klischees an. Weil dadurch aber die Melancholie fehlt und der Grant triumphiert, ergibt das die Art von Szenen, in denen der oberbayerische Cowboy wie ein sehr deutscher Figurentypus rüberkommt, den Til Schweiger gern spielt. Ein kerniger Kerl, der nicht rumlabert, keine Gefühle zeigt und trockene Sprüche knurrt, gern auf Kosten eines "weibischen" Partners. Hier erfüllt die Funktion des Prügelknaben der "Fleischi", ein Nebenbuhler um Eberhofers Freundin Susi.

Er trägt pinke Hemden und hört zu, wenn sie was sagt. Er fährt einen Elektrosportwagen. Der Dorfbulle muss also sein Revier verteidigen. Aber erst mal tut er natürlich nichts, schaut sich alles nur grantig an. In den besseren Eberhofer-Krimis, wie zuletzt der "Grießnockerlaffäre", ist seine Lätschn wie ein rauer Acker, auf dem gelegentlich schöne oder lustige Dinge wachsen. Dieses Jahr ist die Ernte ziemlich bescheiden.

Sauerkrautkoma , D 2018 - Regie: Ed Herzog. Buch: Stefan Betz, Rita Falk, Ed Herzog. Kamera: Sebastian Edschmid. Mit: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz. Constantin, 96 Minuten.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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