Salzburger Festspiele:Theaterdissidentin

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Marina Davydova, designierte neue Schauspieldirektorin der Salzburger Festspiele. (Foto: SF/Neumayr/Christian Leopold)

Die Russin Marina Davydova wird von 2024 an neue Schauspielchefin der Salzburger Festspiele.

Von Christine Dössel

Die wegen Putins Krieg aus Russland geflüchtete Theatermacherin, Journalistin und Dramatikerin Marina Davydova wird von 2024 an das Schauspiel der Salzburger Festspiele leiten. Die 56-Jährige tritt - als erst zweite Frau in dieser Position - die Nachfolge von Bettina Hering an, deren Vertrag im Oktober 2023 endet. Die Berufung der mit dem deutschsprachigen wie dem internationalen Theater bestens vertrauten Dissidentin ist eine gute, vielversprechende Entscheidung. Davydova hat nicht nur Mumm und ein hervorragendes Netzwerk, sie bringt auch eine reiche Erfahrung als Festivaldirektorin mit. 23 Jahre lang, bis zum März dieses Jahres, leitete sie das 1998 von ihr mitgegründete Festival NET (New European Theatre) in Moskau, das jedes Jahr im Herbst aufregende Inszenierungen aus Europa vorstellte. 2016 kuratierte sie das Schauspielprogramm der Wiener Festwochen.

Geboren 1966 im aserbaidschanischen Baku, studierte Davydova Theaterwissenschaft in Moskau und lehrte an verschiedenen Hochschulen zur Geschichte des westeuropäischen Theaters. Viele Jahre lang arbeitete sie als Theaterkritikerin für die Zeitung Iswestja. Bis zu ihrer Flucht aus Moskau in diesem März war sie zudem Chefredakteurin der Zeitschrift TEATR. Davydova ist auch als Dramatikerin, Regisseurin und Produzentin tätig. 2017 inszenierte sie am Berliner Theater Hebbel am Ufer (HAU) ihr Stück "Eternal Russia" , 2019 am Hamburger Thalia-Theater "Checkpoint Woodstock" . Derzeit arbeitet sie an einem Stück für das Münchner Residenztheater.

Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat sie von Anfang an verurteilt

Marina Davydova ist eine mutige und sehr entschlossene Frau. Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat sie von Anfang an verurteilt. Bereits am 24. Februar 2022 verfasste sie eine Petition gegen diesen Krieg. In der Folge wurde sie bedroht und überwacht, ihre Wohnungstür mit dem Buchstaben "Z" gekennzeichnet. Am 5. März verließ sie Russland. Seitdem lebt sie in Berlin.

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Der Schwerpunkt des Schauspiels der Salzburger Festspiele werde unter Davydovas Leitung weiter auf deutschsprachigem Repertoire liegen, sagt Festspielintendant Markus Hinterhäuser, "gleichwohl soll mit einer verstärkt internationalen Ausrichtung unserem hohen Besucheranteil aus insgesamt 76 Ländern Rechnung getragen werden". Für Davydova ist Theater ohnehin keine nationale Angelegenheit. Sinn und Zweck der Kunst sieht sie darin, das Leben "in all seinen Aspekten zu ergründen". Das sei auch in Kriegszeiten nicht anders: "Als Leiterin des Schauspiels der Salzburger Festspiele wird mein Interessensschwerpunkt in erster Linie auf der Suche nach der Tiefe und Überzeugungskraft des Theaters und der Theaterarbeit liegen."

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