Rushdie contra Zuckerberg:"Wo versteckst du dich, Mark?"

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Erst wurde der Facebook-Account des Schriftstellers Salman Rushdie deaktiviert, dann tauchte er kurze Zeit später mutiert zu "Ahmed" Rushdie wieder auf. Wutentbrannt schrieb Rushdie über Twitter an Facebook-Chef Zuckerberg: "Komm heraus und gib mir meinen Namen zurück!" Authentizitätssorgfalt oder Klarnamenwahn?

Fritz Göttler

Eine mittelprächtige Midlife-Krise ist bewältigt worden, ein kleines revolutionäres Feuer, das sich in den sozialen Netzwerken entzündet hatte, ist erstickt. "Wo versteckst du dich, Mark?", hatte Salman Rushdie am Wochenende auf Twitter gepostet, gemeint war Mark Zuckerberg, der Facebook-Chef: "Komm heraus und gib mir meinen Namen zurück!"

"Das wäre, als würde man J. Edgar zwingen John Hoover zu werden", ließ Rushdie die Leitung von Facebook wissen. (Foto: afp)

Den weltberühmten Schriftsteller ("Satanische Verse", "Der Boden unter ihren Füßen") hatte das ganz gewöhnliche Facebook-Geschick ereilt, man glaubte ihm nicht, dass er wirklich er war und deaktivierte seinen Account. Rushdie legte eine Kopie seines Passes vor und konnte die Facebook-Leute überzeugen, sie reaktivierten den Account - aber unter Ahmed Rushdie. So stand's halt offiziell im Dokument, Ahmed Salman Rushdie, aber den ersten Namen hatte der Autor nie im Leben benutzt. Idioten!

"Dear Facebook", schrieb er ergrimmt, "wenn ihr mich zwingt, meinen FB-Namen von Salman in Ahmed Rushdie zu ändern, das wäre, als würde man J. Edgar zwingen John Hoover zu werden." (Eine Operation, die - nebenbei gesagt - Clinton Eastwood Jr. einiges Kopfzerbrechen bereiten würde, der seinen neuen Film, der sich mit dem FBI-Chef befasst "J. Edgar" betitelte.)

Ob man auf den sozialen Netzwerken dazu verdonnert werden soll, authentisch zu sein, oder die Chance haben mag, anonym oder gar mit falschem Namen umtriebig zu sein, diese Diskussion wird wohl noch einige Zeit die diversen Parteien im Internet beschäftigen - weil sie so ziemlich alle Möglichkeiten und Gefahren der Netzkommunikation anspricht. Facebook besteht rigoros auf dem richtigen Namen, Twitter lässt spielerische Momente zu.

Seitdem das politische Potential der Netzwerke für die Aktivierung und Mobilisierung revolutionärer Massen immer größer wird, wächst die Angst vor Manipulation wie vor verstärkter staatlicher Kontrolle. Missbrauch durch Pornographie und Pädophilie ruft immer wieder Politiker auf den Plan. Der digitale footprint, den man bei seinen Netzaktivitäten hinterlässt, bedeutet Millionen für die wirtschaftlichen Konzerne. Die Chance, aus den Grenzen der eigenen Identität und sozialen Position auszubrechen in eine spielerische Existenz, bedeutet Selbstverwirklichungspotential. Für Rushdie war diese Chance einer alternativen Identität sogar mal eine existentielle Frage gewesen - als er sich vor der iranischen Fatwa verbergen musste.

© SZ vom 16.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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