Rechtschreibung:Danke, hohes Gerücht, danke!

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"Mit freundlichen Gruß" hat das Bundesverfassungsgericht einen Brief zur Erbschaftsteuer unterschrieben. Und bekräftigt damit nur: Fehler sind menschlich.

Glosse von Gerhard Matzig

Da schreibt man also beispielsweise seinem Chef, dem elenden Lurch, eine hammerharte Beschwerdemail. Böse, klug und elegant. Ein Meisterwerk. Dann liest man das Ganze sorgfältig durch - und zack: gesendet. Möge die Macht mit mir sein. Nur dass man leider, wie man bald in einem irgendwie unguten Gespräch erfährt, statt "sehr geehrter Herr" was geschrieben hat? "Sehr verheerter . . ."

Noch schlimmer sind solche Lechts-und Rinks-Vertuer und sonstige Rechtschreibschwächen in hochseriösen Bewerbungsbriefen ("Genaiugkeit ist mir sehr wichtig") und leidenschaftlich entflammten "Du bist so scön!"-Liebesmails. Aber es gibt sie zunehmend - denn die gottverdammte Kommunikation nimmt nun mal dauernd zu - auch per WhatsApp, als Tweet oder als Facebook-Posting, das leider an 7468 allerengste Freunde gegangen ist. Und manchmal bis täglich, absolut unverzeihlich in jedem Fall, wird eine Rechtschreibschlamperei, die nicht immer eindeutig zu unterscheiden ist von der Rechtschreibschwäche, sogar in der Zeitung gedruckt. Bislang war das immer eine fürchterliche Blamage.

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Doch wunderbarerweise hat soeben das Bundesverfassungsgericht entschieden: Habt euch mal nicht so, so isses halt, Fehler sind menschlich. Das heißt: Wörtlich stammt das so nicht vom höchsten deutschen Gericht. Aber sinngemäß, denn der Brief, der gerade in Sachen Erbschaftsteuer an die Bundesregierung gegangen ist (u. a.), wurde von Vizepräsident Ferdinand Kirchhof freundlicherweise so unterschrieben: "Mit freundlichen Gruß". Also mit "n" statt mit "m". Der Dativ ist nicht nur dem Genitiv sein Tod - er wird auch selbst gejagt. Die ZDF-Kamera hat das Malheur schön groß eingefangen und einem Millionenpublikum von Rechtschreibschwachen zur Erbauung geschenkt.

Nun könnte man auch darüber nachdenken, ob Kirchhof seinen Hinter-den-Spiegel-steck-Brief ursprünglich womöglich "mit freundlichen Grüßen" im Plural versehen wollte. Vielleicht dachte er sogleich grimmig: So viele Grüße verdient die Bundesregierung nun auch wieder nicht, weshalb die Grüße auf den Gruß gestutzt wurden, wovon nur noch das nun sehr einsame "n" kündet. Aber das sollen die Literaturhistoriker herausfinden.

Wie dem auch sei: Bundesverfassungsgericht, du bist nicht allein. Millionen Schlampamperer danken dir diesen Brief. Danke, hohes Gerücht, danke!

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