Präsidentschaftswahlkampf in Russland:Arien für den starken Mann

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Für oder gegen Putin: Kurz vor der Präsidentenwahl in Russland verteilen sich die Künstler des Landes auf zwei Lager. Zu den 540 prominenten Unterstützern des früheren Geheimdienstlers zählt auch Opernsängerin Anna Netrebko und Schauspielerin Tschulpan Chamatowa. Viktor Jerofejew, der auch in Deutschland bekannte Autor des Buches "Der gute Stalin", zählt hingegen zu Putins Gegnern.

"Das Wichtigste ist Putins Sieg, weil jede andere Variante eine Katastrophe für das Land bedeutet", sagt Regisseur Nikita Michalkow. Der Oscar-Preisträger ist einer von 540 Prominenten, die den Wahlkampf von Wladimir Putin unterstützen. Trotz Massenprotesten gegen den 59-jährigen im ganzen Land stellt sich nun eine Reihe von Künstlern hinter den ehemaligen KGB-Offizier Putin, der am 4. März siegessicher in die Präsidentschaftswahl geht.

Anna Netrebko mit Wladimir Putin 2008 in St. Petersburg. (Foto: dpa)

Wie die meisten anderen der 540, die auf einer nun veröffentlichten Pro-Putin-Liste stehen, konnte auch Michalkow keine greifbaren Gründe für seine Unterstützung nennen. Der Filmemacher mahnt nur, dass sich die Emotionen in der Gesellschaft legen müssten, damit der Dialog beginnen könne.

Medien zufolge hat vor allem Regisseur Stanislaw Goworuchin, der auch den Wahlkampfstab leitet, die Kontakte zu den Stars wie dem international gefeierten Dirigenten Waleri Gergijew, geknüpft. Einige Künstler deuteten an, dass ihnen nichts anderes übrig bleibe, als Putin öffentlich zu unterstützen, wenn sie nicht bei ihrer Arbeit behindert werden wollen.

Die Abhängigkeit zwischen Machtsystem und Kultur sind bisweilen groß. Regierungschef Putin ist etwa auch Vorsitzender der Kommission, die über die staatliche Filmförderung entscheidet. Nach Meinung von Beobachtern ist das auch der Grund, warum sich so viele Regisseure auf die Seite Putins gestellt haben.

Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, dass auch Operndiva Anna Netrebko für Putin wirbt. Immerhin kann sie sich noch am ehesten eine eigene Meinung bilden: Sie ist als Opern-Diva weit über die Grenzen Russlands hinaus bekannt Zudem hat die Russin seit 2006 auch die österreichische Staatsbürgerschaft und ihren Hauptwohnsitz in Wien. Was hätte ein Weltstar wie Netrebko also zu befürchten? "Für mich war es nicht möglich zu schweigen, sondern ich musste sagen: Ja oder Nein. Ich sehe keine Alternative", so Netrebko, die 2008 von Putin zur "Volkskünstlerin" erhoben wurde.

Ähnliches trifft auch auf die russische Schauspielerin Tschulpan Chamatowa zu. Sie ist in Deutschland vor allem durch ihre Rolle im Film "Good Bye Lenin" bekannt geworden. Die Schauspielerin schiebt als Grund für ihre Unterstützung Putins Einsatz für ihre Stiftung für krebskranke Kinder "Schenke ein Leben" vor. "Wladimir Putin ist den Bitten unserer Stiftung und der Ärzte gegenüber nie gleichgültig geblieben. Alle seine Versprechen hat er gehalten", so die Schauspielerin.

Gorbatschow gegen Putin

Doch nicht alle Kunstschaffenden geben ihre Popularität für Putins Wahlkampf her. Die einflussreiche Popdiva Alla Pugatschowa unterstützt Putins Gegenkandidaten Michail Prochorow. Er ist das einzig neue Gesicht unter den insgesamt fünf Kandidaten, die bei der Wahl am Sonntag gegen den Mann antreten, der seit 2000 das Land regiert. Doch der 46 Jahre alte Milliardär gilt als politisch unerfahren.

Auch der in Deutschland bekannte Autor des Buches "Der gute Stalin", Viktor Jerofejew, unterstützt den Oligarchen. "In jedem normalen Land gibt es Meinungsvielfalt. Ich möchte, dass Russland ein normales Land wird", so der Autor in einem Interview mit der russischen Zeitung Nowyje Iswestija. Jerofejew bezeichnete auch die Parlamentswahl von Anfang Dezember als "unehrlich". Die umstrittene Abstimmung und Putins geplante Rückkehr in den Kreml hatten die jüngsten Massenproteste in Russland ausgelöst.

Kritik an Putin kommt auch vom ehemaligen Staatschef Michail Gorbatschow. Der Friedensnobelpreisträger wirft Putin vor, alle demokratischen Institutionen in Russland zerstört und noch schlimmere Machtstrukturen geschaffen zu haben als die Kommunisten in der Sowjetunion.

Indes steigen Putins Chancen auf einen Wahlsieg weiter an. Einer Prognose des Lewanda-Instituts zufolge soll sogar ein Sieg Putins nach dem ersten Wahlgang möglich sein.

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