Oper:Viel Ironie

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Große Gefühle vor Dracula-Sarg: Jacques Le Roux und Sally Du Randt in "Ariadne auf Naxos". (Foto: Jan-Pieter Fuhr)

Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" in Augsburg

Von Klaus Kalchschmid, Augsburg

Aus dem Off singt Bacchus sein betörend gleißendes: "Circe, ich konnte fliehen!", bevor er barfuß in orange leuchtender Rettungsweste mit einem weißen Schlauchboot auf die Bühne stolpert, wo die von Theseus verlassene Ariadne ihn auf ihrer "wüsten Insel" als vermeintlichen Todesgott sehnsüchtig begrüßt. Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" passt perfekt in die Ausweichspielstätte Am Martinipark des Staatstheaters Augsburg, ist diese mit ihrer Intimität und Direktheit doch wie geschaffen für die nur mit 33 Musikern besetzte Konversation-Oper.

Am Ende gibt es beim Duett von Bacchus und Ariadne aber doch noch "Große Oper". Hier freilich ist sie wunderbar ironisch gebrochen, denn als Bacchus, gespielt und gesungen vom Südafrikaner Jacques le Roux, realisiert, was für eine attraktive, sexy jugendlich dramatisch singende Frau ihm in Gestalt von Sally Du Randt gegenübersteht, die ebenfalls aus Südafrika stammt, fängt er wunderbar selbstironisch an, zu balzen und zu tänzeln. Dabei setzt er seinen samtweich timbrierten, aber auch enorm strahlenden Tenor höchst verführerisch ein - bis Ariadne sich dem vermeintlichen Todesgott quicklebendig in die Arme wirft, während Strauss seine 33 Musiker wie ein Wagner-Orchester aufrauschen lässt.

Das ist das fulminante Ende eines Abends, der in der Inszenierung von Dirk Schmeding immer wieder hübsche Einfälle parat hatte, wie die Maskierung der drei Nymphen (Lea-ann Dunbar, Jihyun Cecilia Lee und Kate Allen) als Tintenfisch, Insekt oder Wiedehopf (Kostüme: Valentin Köhler), aber doch irgendwie nicht richtig in die Gänge kam. Dabei ist die Backstage-Szenerie des "Vorspiels" vom Bühnenbild (Martina Segna) her gut getroffen, findet sich die Personage der Oper doch in einer Garage wieder, in der alle erst einmal in großen Kisten angeliefert werden. Da sogar die mittleren Partien wie Harlekin (Wiard Witholt) oder Musiklehrer (Alejandro Marco-Buhrmester) aus dem Ensemble trefflich besetzt waren, blieb die musikalische Komik nicht auf der Strecke. Nach der Pause gibt es wieder eine, nun schwarze, Kiste: den mit purpurnem Samt ausgeschlagenen, aufgerichteten Dracula-Sarg. In ihn zieht sich die trauernde Ariadne immer wieder zurück, um sich vor dem Sonnenlicht in Sicherheit zu bringen, das Zerbinetta und ihre Gespielen ausstrahlen. Sie sollen das ernste Stück mit heiteren Einlagen auflockern, wie das der Auftraggeber, "der reichste Mann Wiens, bestellt und bezahlt hat". Das passt dem jungen Komponisten so gar nicht und Natalya Boeva, erste ARD-Musikwettbewerbs-Preisträgerin des vergangenen Jahres, schmollt und zürnt mit flammendem Mezzo herrlich trotzig. Dabei verliebt er/sie sich fast in die in silbern glitzernden Leggings mit ihren Reizen spielende Zerbinetta (Olena Sloia), die ihre schwere Arie "Großmächtige Prinzessin" zauberhaft leicht und mit bombensicheren Spitzentönen zu singen vermochte.

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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