Obama über Kanye West:"Er ist ein Blödmann"

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Barack Obama nennt den Musiker Kanye West vor einem Interview "Blödmann", weil West eine Country-Sängerin beleidigte. Dank Twitter weiß nun die Welt davon.

Der Musiker Kanye West hat sich mit seinem Ausraster bei den MTV Awards Präsident Barack Obama nicht gerade zum Freund gemacht. Der nannte West wegen seines Benehmens gegenüber Country-Popstar Taylor Swift unverblümt einen "Jackass" - allerdings im nichtoffiziellen Teil eines Interviews. Der Begriff "Jackass" kann mit "Blödmann" oder "Esel" übersetzt werden.

Die Äußerung gelangte per Twitter an ein Millionenpublikum. Darüber ist nun eine Diskussion über die journalistische Ethik im Zeitalter der Online-Kurznachrichtendienste entbrannt. Obamas Meinung über West ist nicht über den Sender CNBC, der das Interview mit ihm führte, an die Öffentlichkeit gelangt. Journalisten des Konkurrenzsenders ABC hörten das Gespräch zwischen Obama und CNBC-Journalist John Harwood vor Beginn des eigentlichen Interviews mit. Derartiges Geplänkel vor Interviews gilt in der Medientradition als vertraulich und nicht zur Veröffentlichung bestimmt.

Das Mikrofon war nicht "off"

1984 gab es einen Eklat, als der damalige US-Präsident Ronald Reagan vor einem Fernsehauftritt in ein Mikrofon sagte, er habe gerade die Sowjetunion verboten und die Bombenangriffe würden in fünf Minuten beginnen. Reagan scherzte. Was er nicht wusste: Das Mikrofon war nicht "off", sondern eingeschaltet.

ABC und CNBC teilen sich aus Gründen der Kostensenkung eine Glasfaserleitung; deshalb konnten ABC-Mitarbeiter mithören, was Harwood und Obama in dem Aufnahmeraum sagten. Obama wurde gefragt, ob seine Töchter wegen Wests Auftritt verärgert seien, in dem der Rapper der verdutzten Preisträgerin erklärte, dass nicht sie, sondern Beyoncé die Auszeichnung verdient habe.

"Ich denke, es war völlig unangemessen", sagte Obama. "Was mischt er sich da ein?" Als ihn jemand fragte, was wohl Wests Beweggrund sei, redete Obama Klartext: "Er ist ein Blödmann." Obama schien sofort gemerkt zu haben, dass er als Präsident zu weit gegangen war. Die im Raum Anwesenden bat er jovial, aber ausdrücklich, den Ausspruch vertraulich - off the record - zu behandeln. "Leute, kommt schon, macht's dem Präsidenten nicht so schwer. Ich habe genug am Hals." Unter ABC-Mitarbeitern kursierten kurz darauf E-Mails über die Äußerung, die Obama nicht gemacht haben wollte. Mindestens drei Angestellte fütterten den Twitter-Dienst mit dem Satz.

ABC entschuldigt sich

Einer war Terry Moran, ein ehemaliger Korrespondent beim Weißen Haus. Er twitterte: "Präsident Obama hat Kanye West gerade einen 'Blödmann' für seinen Ausbruch bei den VMAs genannt, als Taylor Swift gewann. Also DAS ist präsidial."

Als ABC davon entfuhr, sorgte das Medienunternehmen dafür, dass die Tweets nach rund einer Stunde gelöscht wurden. Der Sender entschuldigte sich sowohl beim Weißen Haus als auch bei CNBC. Aber die Nachricht war trotzdem draußen. Harwood erklärte, es habe keine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Präsidenten gegeben, ob die West-Kommentare off the record waren. Es sei aber bei allen Sendern Tradition, Äußerungen vor dem formalen Beginn des Interviews als vertraulich zu behandeln. Er blieb auch nach den ABC-Twittern dabei: Er wolle nicht darüber sprechen, was Obama vor dem Beginn des Interviews gesagt habe - auch nicht in einem Beitrag für CNBC.

Kein Grund für Vertraulichkeit

Medienwissenschaftler reagierten unterschiedlich auf den Zwischenfall. Professor Richard Wald, eine ehemalige ABC-Führungskraft, sagte, Journalisten müssten angesichts neuer Technologien ihren Sinn dafür schärfen und genau überprüfen, was für die Öffentlichkeit bestimmt sei. Eine Expertin für journalistische Ethik des Poynter-Instituts, Kelly McBride sagte: "Wenn man vor einem eingeschalteten Mikrofon sitzt, gibt es keinen vernünftigen Grund für Vertraulichkeit. Als Gouverneur oder Präsident weiß man das."

Sie bezweifelt auch, ob die Medien eine Pflicht hätten, sich auf Vertraulichkeitsvereinbarungen einzulassen. Nach dem, was in Twittern zu Wests Verhalten zu lesen sei, befinde sich Obama mit seiner Einschätzung keineswegs in der Minderheit. "Wenn der Präsident Kanye West einen 'Blödmann' nennt, ist das eine perfekte Information für einen Tweet. Das ist doch ein ideales Format, in 140 Anschlägen ist alles gesagt."

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