Obama-Porträt:Breitbeinig an der Grenze zum Kitsch

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In der National Portrait Gallery werden die Porträts von Barack und Michelle Obama enthüllt. (Foto: Andrew Harnik/AP/dpa)

Für sein Präsidentenporträt hat Barack Obama den umstrittenen Maler Kehinde Wiley auserkoren - eine letzte politische Überraschung des ehemaligen US-Präsidenten.

Von Peter Richter

Als bekannt wurde, dass Barack Obama für das Porträt, das von jedem amerikanischen Präsidenten nach seiner Amtszeit in die National Portrait Gallery kommt, ausgerechnet Kehinde Wiley ausgewählt hatte, wirkte das, als hätte der Mann sein berühmtes Gespür für Stil, Eleganz und Opportunität verloren, um sich nun ebenfalls einem etwas plumpen Populismus in die Arme zu werfen. Ausgerechnet Wiley, der 2015 mit einer erstaunlich eintönigen Einzelschau im Brooklyn Museum als der Superstar beglaubigt werden sollte, für den ihn Teile des Kunstmarkts tatsächlich halten. ("Ich schaffe hochpreisige Luxusgüter für wohlhabende Kunden", erklärte der heute Vierzigjährige schon vor zehn Jahren dem Art Newspaper.)

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Von George Washington bis George W. Bush. Der Staatschef der USA wird nach Ende seiner Amtszeit traditionell als Gemälde verewigt.

Die New Yorker Kunstkritik mag emanzipatorischen Gesten schon aus Prinzip wohlgesonnen sein; aber auch sie wollte es Wiley nicht so ohne Weiteres als Zeichen von "Empowerment" abkaufen, schwarze Jugendliche aus den Sozialbausiedlungen in Herrscherposen von europäischen Altmeistergemälden auftreten zu lassen wie beim Fasching, weil dort die Porträtierten nun einmal fast immer Weiße seien.

An das Kasperlebild des Nachfolgers mag man jetzt noch gar nicht denken

Dies zu ändern, darin besteht die konzeptionelle Idee von Wileys ansonsten betont flacher, im Wesentlichen von Gehilfen ausgeführter Malerei - auf Dauer ein ziemlicher "One-Liner" also, wie die Amerikaner in so einem Fall sagen. Während es wirklich viele viel interessantere Maler in den USA gibt, gerade auch schwarze, hat Obama hier, popkulturell gesprochen, für den breitbeinigsten Vertreter von Bling an der Grenze zum Kitsch optiert. Das war zumindest kühn. Aber dann, so hat der Ex-Präsident jetzt bei der Präsentation des Gemäldes in Washington verraten, habe er vorsorglich doch darum gebeten, nicht als Napoleon oder so dargestellt zu werden.

Das Problem ist ja, dass es von Obama schon so viele hinreißende Bilder in altmeisterlichen Herrscherposen gibt, fotografiert von Pete Souza zu seiner Amtszeit im Weißen Haus. Wiley zeigt ihn daher jetzt seltsam zurückgenommen, sitzend, aber nicht thronend, sondern eher wie ein sprungbereiter Zuhörer bei einem Meeting mit Bürgern. Dass er ihn gewissermaßen in eine Hecke aus Efeu geschubst hat? Steht ikonografisch für Treue, Verlässlichkeit und so weiter, erinnert auch ein wenig an Rousseau, außerdem hat Wiley für die Fleißarbeit am Blattwerk seine Gehilfen.

Es ist tatsächlich eines der besseren, weil dezenteren Bilder von Wiley geworden - eine letzte politische Überraschung von Obama. Seine Frau Michelle hatte da für ihr Porträt mit Amy Sherald, auch sie wählte bewusst eine Afroamerikanerin, das bessere Händchen. Der Einzug des ersten schwarzen Präsidentenpaares in die Portrait Gallery ist aber schon deshalb ein Triumph der Modernität, weil ihre Vorgänger stets von kreuzbiederen Traditionalisten gemalt wurden, und an das Kasperlebild des Nachfolgers mag man jetzt noch gar nicht denken.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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