Musiktheater:Spuk im Schloss

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Das Gespenst, hier sehr aufgeräumt, und seine Rettung: Thomas Lichtenecker und Flore van Meerssche sind ein Paar voller Poesie, ihre Stimmen sind voneinander Echo, füreinander Verheißung. (Foto: Tobias Melle)

Die Kammeroper München feiert ihr 15-jähriges Bestehen und schenkt sich und den Zuschauern "Das Gespenst von Canterville"

Von Egbert Tholl

Obwohl im Jahr 2000 das erste Gastspiel im Ekhof-Theater in Gotha stattfand und im Jahr 1996 in der Pasinger Fabrik der Grundstein zu einer Reihe musiktheatraler Ereignisse gelegt wurde, feiert die Kammeroper in diesem Jahr die ersten 15 Jahre ihres Bestehens. Das klingt so natürlich fürchterlich albern, hat aber folgende Bewandtnis: Tatsächlich war die Keimzelle der Kammeroper die Pasinger Fabrik; hier inszenierte Georg Blüml 1996 die erste Aufführung mit Klavier und Ensemble, damals als Pianist schon mit dabei war Alexander Krampe. Im Jahr darauf folgte die erste echte Oper, die "Italienerin in Algier", bereits mit einem Orchesterarrangement von Krampe. 1999 kam dann die erste Inszenierung von Dominik Wilgenbus, "Die Fledermaus", damit waren alle versammelt, die zu Garanten eines bewundernswerten Erfolgs wurden.

2004 schließlich gründeten aus dieser Konstellation heraus der Dirigent Carlos Domínguez-Nieto und die beiden Musiker Christiane Steffens und Christophe Gördes die eigentliche Kammeroper, die sich zwei Jahre später von der Pasinger Fabrik (wo man allein weitermachte) trennte und in den Hubertussaal im Schloss Nymphenburg umzog. Deshalb nun das Jubiläum. Die erste Oper in Nymphenburg war übrigens "Die heimliche Ehe", was eventuell Rückschlüsse auf das Verhältnis der Kammeroper-Truppe zur Pasinger Fabrik zulässt.

Die Kammeroper München ist längst Institution, wenn es nach Alexander Krampe ginge, könnte sie sogar noch mehr Institution werden, etwa mehr Gastspiele in ganz Deutschland geben. Aber erst einmal hat er ein kleines Wunder geschaffen, vielleicht ist das Arrangement der aktuellen Produktion, "Das Gespenst von Cantervielle", die an diesem Mittwoch Premiere hat, sein Meisterwerk. 45 Opern hat Krampe in seinem Leben für kleines Orchester oder Kammermusik arrangiert, so lange wie diesmal hat er selten an einer Partitur gearbeitet.

Das liegt an der Idee, mittels der Musik die zeitlichen Ebenen von Oscar Wildes Erzählung zu gestalten. Sir Simon, das ehrwürdige Gespenst, lebt in der Musik seiner Lebenszeit, lebt mit Dowland und Purcell - was der Countertenor Thomas Lichtenecker auch hinreißend auslebt. Die neuen Besitzer des Schlosses, aus Amerika stammend, brechen indes herein wie die wilde Jagd und singen und tanzen zu Musik von George Gershwin. Da nun aber von diesem nur die Instrumentalmusik rechtefrei ist, griff Krampe zur "Rhapsody in blue" oder zur Suite von "An American in Paris" und formte die Orchestermusik zu Gesangsnummern um, was in der Generalprobe zu einem staunenswerten Ergebnis führte. Zunächst geht es sehr lustig zu, auch wenn sich Dominik Wilgenbus eng an Wilde hält und einen sehr feinen Humor ausbreitet, angeführt von der Kammerzofe Mrs. Umney, dargestellt vom lebenden Gesamtkunstwerk Viola von der Burg. Doch immer mehr und immer schöner bricht der Zauber allerschönster Poesie durch. Das hat man vielleicht bei der Kammeroper, die doch meist mit lustigen Stücken den Sommer erheiterte, so noch nie erlebt: Das man am Ende völlig gerührt die wunderbaren Darsteller, Flore van Meerssche oder Elisabeth Freyhoff etwa, anstarrt wie ein kleines, ergreifendes Opernwunder.

Kammeroper Münche n: Das Gespenst von Canterville , Hubertussaal im Schloss Nymphenburg, bis 22. September jeweils Mi., Do., Sa., So., zusätzlich Dienstag, 17. Sept., jeweils 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr

© SZ vom 28.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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