Als Berliner Techno-Produzent "Ikarus" wurde der Berliner Techno-Produzent Paul Kalkbrenner mit dem Spielfilm "Berlin Calling" und dem gleichnamigen Soundtrack 2008 berühmt. Zum ersten Mal seit den neunziger Jahren gelang es damit einem Technomusiker, den Massengeschmack zu treffen. Im deutschsprachigen Facebook steht der 1977 in Leipzig geborene Kalkbrenner, dessen neues Album "Icke wieder" (PK Musik) am heutigen Freitag erscheint, unter den beliebtesten Marken auf Platz zehn. Zwischen dem FC Bayern und Mercedes Benz.
Wenn das Nachtleben Berlins zum Leben erwacht, versetzt DJ Ickarus die Massen in Trance: Paul Kalkbrenner spielte sich selbst in dem Film "Ikarus" von 2008, den das Erste im Mai 2011 noch einmal zeigte. Inzwischen ist der DJ wieder er selbst - und hat ein neues Album.
(Foto: WDR/Pola Sieverding)Dabei war es ihm, wie fast allen Technomusikern der vergangenen zehn Jahre, zunächst überhaupt nicht gelungen, an den Ruhm seiner Vorgänger anzuknüpfen.
Wie alle anderen hatte auch Paul Kalkbrenner musikalisch nichts wirklich Neues anzubieten, nichts, was ihre Musik unverzichtbar gemacht hätte. Die Techno-Explosion Anfang der neunziger Jahre hatte Stars wie Sven Väth oder Westbam hervorgebracht. Techno war damals das Gegenteil aller Formen von Popmusik, denen es um Abgrenzung geht. Techno schloss den Ausschluss aus. Techno sollte für jeden da sein, der die Beats spüren und tanzend darauf reagieren konnte.
Mit dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges war die Abgrenzungslogik des Pop hinfällig geworden, mit Techno ließ sich die neue Grenzenlosigkeit feiern. Die Musik, die Paul Kalkbrenner zu Beginn seiner Karriere produzierte, zehrte noch vom Urgeist des deutschen Techno.
Genau in dem Moment, in dem er begann Platten zu veröffentlichen, kippte dann die Stimmung. Nach dem 11. September 2001 schien die Musikszene von den ewig gleichen Beats der "ravenden Gesellschaft" gelangweilt, die Technokultur zerfiel und der aggressive Electroclash brachte den Starkult der Rockmusik auf den Dancefloor. Die psychedelische Droge Ketamin kam in Mode und verdrängte das harmonisierende, zum Tanzen animierende Ecstasy.
Paul Kalkbrenner ist als einer der wenigen Technomusiker damals nicht in diese Finsternis eingetaucht. Er ließ sich nicht, wie man damals sagte, von der "Abfahrt" der Neunziger abbringen. In einem Genre, in dem die DJs zumindest den Anspruch haben, ihren Sound Woche für Woche neu zu erfinden, ist das eher ungewöhnlich.
Die Technotracks Paul Kalkbrenners sind nicht subtil, sie haben eine überwältigende, ungebrochene Energie, die monotonen Grooves ringen mit strahlenden Melodien. Dass für die Popularisierung dieses Sounds ein erfolgreicher Film nötig war, gehört zu den erstaunlichen Widersprüchen dieser Karriere.
Lesen Sie weiter auf Seite 2, womit Kalkbrenner überrascht.