Little Britain:All die schwarzen Bilder

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Der Leica-Mann im Ballermann Basel. Gene Hackman in French Connection. Ratternd fährt der Zug ein. Es hängt halt alles mit allem zusammen.

Christian Zaschke, London

Der Leica-Mann trug ein blau-weiß gestreiftes Hemd, eine Hose in Ocker und weiße Turnschuhe. Quer über seine Brust spannte sich der Riemen einer Tasche, auf der in großen Buchstaben "French Connection" stand. Das ist eine Modefirma, die vor allem bekannt geworden ist, weil sie sich in Anlehnung an ihren vollen Firmennamen "French Connection UK" als FCUK abkürzt. Der Trick ist natürlich, dass das Hirn Buchstaben in falsch geschriebenen Wörtern so umsortiert, dass Sinn entsteht. Solange alle Buchstaben vorhanden sind und der erste und der letzte an der richtigen Stelle stehen, klappt das. Vliehlciet kmomt Inehn das uwhrisanlchneich vor, aebr es smtmit.

Fotografie mit der M6-Sucherkamera von Leica. (Foto: DPA)

In dem irrsinnig guten Film "The French Connection" von 1971 spielen Gene Hackman und Roy Scheider zwei Ermittler vom New Yorker Drogendezernat. Berühmt ist der Film unter anderem für eine der besten Verfolgungsjagden, die je gedreht worden sind: Hackman verfolgt in einem Pontiac LeMans eine Hochbahn. Weite Teile der Jagd hat Regisseur William Friedkin selbst gedreht, als er mit einem Stuntman, der Jack Daniel's zu seinen besten Freunden zählte, illegal durch New York raste. Welch ein Glück, dass Friedkin damals nicht das Gleiche passiert ist wie nun dem Leica-Mann.

Es sei noch am Rande bemerkt, dass man in Deutschland der Ansicht war, Kinogänger wären mit einem komplexen Titel wie "The French Connection" überfordert. Also übersetzen die deutschen Verleiher den Titel als "Brennpunkt Brooklyn".

Der Leica-Mann hatte sich in der Londoner U-Bahn-Station "Swiss Cottage" aufgebaut, was sich gemäß den Regeln des deutschen Filmverleihs als "Zürich zügellos" oder "Ballermann Basel" übersetzen lässt. Wenn Leute mit einer Leica hantieren, ist in der Regel davon auszugehen, dass sie es ernst meinen mit der Fotografie. Große Nikons mögen die Pontiac LeMans unter den Kameras sein. High-End-Leicas sind die Ferraris.

Ich habe lange von einer Leica geträumt, deshalb war mir der Leica-Mann mit seiner wunderschönen M6 sofort aufgefallen. Als die Station vom Scheppern der heranrasenden U-Bahn erfüllt wurde, ging der Leica-Mann leicht in die Hocke. Es sah aus, als mache er sich in einem französischen Plumpsklo bereit fürs große Geschäft. Dann knipste er, Bild um Bild um Bild, bis die U-Bahn stand.

Anders als der Leica-Mann stieg ich ein. Als ich aus dem anfahrenden Zug einen letzten Blick auf den Leica-Mann warf, stand er wieder knipsend in der französischen Hocke. Kurz bevor mein Waggon in den schwarzen Tunnel tauchte, bemerkte ich, dass der Leica-Mann es versäumt hatte, den Deckel vom Objektiv zu nehmen. Ich bin ziemlich sicher, dass er später beim Blick auf all die schwarzen Bilder leise Fcuk gesagt hat.

© SZ vom 04.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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