Kurzkritik:Meister des Blues

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Eric Burdon begeistert in der Philharmonie

Von Martin Pfnür, München

Es hat etwas von einer Zeitlupenaufnahme, als Eric Burdon mit tapsigen Schritten auf die Bühne der Philharmonie schlendert und vor seinem bereits warm gespielten Begleitsextett zum Mikro greift. 78 Jahre ist der Mann mit der dunklen Sonnenbrille alt, dies soll einer seiner letzten Auftritte werden, er ist derzeit auf Abschiedstournee. Und natürlich ist da auch die Frage, ob er, der den Blues in den letzten 60 Jahren wie kein zweiter weißer Sänger verkörperte, das alles noch mal gestemmt bekommt: diese raue, ungezügelte und zupackende Kraft in der Intonation. Diese irre Dringlichkeit im Ausdruck. Dieses ureigene Changieren zwischen Shouten, Flehen, Croonen und Erzählen, zu dem er nach den Hit- und Cover-Jahren mit den Animals als Sänger der famosen Funk-Truppe Eric Burdon & War fand.

Spätestens nach der latin-groovigen Wiesenträumerei "Spill The Wine" ist die Sache klar: Er kann es noch. Und wie! Getragen von einer exzellenten Band, die jeden dieser steinalten Songs taufrisch auf die Bühne bringt und mit wundervollen Soli an der E-Gitarre, am Alt-Saxofon und an der Posaune veredelt, läuft Eric Burdon zu ganz großer Form auf. Erdenschwer steht er da vorne, treibt seine Musiker mit den sparsamen Handbewegungen eines Grandseigneurs an, und glänzt mit einer stimmlichen Präsenz, die einen mitunter schlichtweg umhaut.

Ob nun zum sumpfigen Schweineorgelblues ("Mother Earth"), zum nachtschwarzen Schauertraditional ("In The Pines"), zur beschwingt angejazzten Soul-Nummer ("Bring It On Home To Me"), zum Psychedelic-Rock ("When I Was Young") oder zum hi-hat-verzischelten "Don't Let Me Be Misunderstood" - Volumen, Ausdruck, Timing, alles ist noch da. Schließlich, unvermeidlich: "The House Of The Rising Sun". Burdon legt alles rein, was er hat, während die Band die Düsternis und Schwere des Songs kongenial aufgreift und auf eine Weise ausspielt, die auch die Version der Animals verblassen lässt. Meisterlich, nichts anderes.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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