Kurzkritik:Große Strahlkraft

Ovationen für Julia Fischer und Aris Alexander Blettenberg

Von Harald Eggebrecht, München

- Es war ein leuchtender Abend im Prinzregententheater: die Geigerin Julia Fischer nach Ausstrahlung, Gestaltungskraft und violinistischer Präsenz auf dem Gipfel ihrer Kunst. Dazu als pianistisch und gestalterisch imponierender Partner Aris Alexander Blettenberg mit einem Programm, das vom ersten Ton der Sonate KV 380 von Wolfgang Amadé Mozart bis zum letzten Akkord von Franz Schuberts großer C-Dur-Fantasie am Ende höchste Konzentration, Darstellungssouveränität und nie nachlassende Geistesgegenwart von beiden verlangte.

Den Verdacht, Mozarts pointierte, unbeirrbar klare Sonate als Einspielstück zu nehmen, wiesen die beiden mit ihrer stäubchenfreien Darstellung unmissverständlich zurück. Eine andere Gestik erfordert Gabriel Faurés 1. Violinsonate: sehnsuchtsvoll und beschwingt, leidenschaftlich und hell, rhythmisch witzig und kess. Die beiden entfalteten Faurés Jugendwerk mit instrumentaler Leichtigkeit und Klangfarbenbeweglichkeit sondergleichen. Es bezauberte effektvoll ohne Effekthascherei, klangsinnlich ohne falschen Nachdruck, lyrisch ohne Gesäusel. Francis Poulencs Sonate, im Zweiten Weltkrieg in memoriam des großen Dichters Federico Garcia Lorca geschrieben, den Francos Schergen erschossen und seinen Leichnam anonym verscharrten, fordert ganz anderes: Härte, Schärfe, Schmerz, Trauer. Die Musiker stürzten sich mit größter Expressivität und Deutlichkeit in die Bekenntnismusik voll Bitterkeit und Untröstlichkeit. Dann ließen sie nach dem abrupten Ende keine Pause zu, sondern, als sei Schuberts Fantasie die Antwort auf Poulencs Verzweiflung, begann Blettenberg mit dem Eingangstremolo der Fantasie. Wie das Stück dann Fahrt aufnahm und in Feuer geriet, wie Fischer und Blettenberg bei allen virtuosen Verwicklungen, aller Intensität in Klang und Artikulation Perspektive und Übersicht behielten und unwiderstehlich die Musik erfüllten, löste Ovationen aus. Als Dank Peter Tschaikowskys "Souvenir"- so zart wie schön.

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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