Kurzkritik:Ganz allein

Daniel Müller-Schott spielt im BR-Studio Cello-Solowerke

Von Harald Eggebrecht, München

Es hat stets etwas Heroisches an sich, wenn einer allein mit seinem Violoncello auftritt. Doch was Daniel Müller-Schott an diesem Abend im Studio 2 des Bayerischen Rundfunks Vielfalt und Verschiedenartigkeit von Musik aus gut 300 Jahren auf seinem Goffriller-Cello bot, zeigte, wie sehr gerade aus vermeintlicher Beschränkung große Komponisten unerhörte Klangwelten schaffen können. Es begann mit dem "Alten Testament" aller Cellosolomusik, mit Johann Sebastian Bachs 3. Suite, die Müller-Schott überaus vital gestaltete und sich vor Romantisierungen hütete. In den Wiederholungen tauchten Verzierungen wie selbstverständlich auf.

Im Gespräch mit Meret Forster erzählte der Cellist vom Reichtum des gar nicht begrenzten Cello-Repertoires. Für Paul Hindemiths Sonate von 1922 fand Müller-Schott einen rhythmisch federnden Zugang, Hans Werner Henzes neunsätzige Serenade von 1949 spielte er als geistreich kurzweiligen Klangbilderbogen. Sergei Prokofjews Sonate von 1952, erst lange nach seinem Tod in den Siebzigerjahren aus Entwürfen hergerichtet, vermittelte er als Stück großer Linien, während George Crumbs ausdrucksvolles Stück von 1955 sehr stimmig entstand. Zum Schluss spielte Müller-Schott wenigstens den Kopfsatz aus dem "Neuen Testament": Zoltán Kodálys Sonate op. 8 von 1915. Es gibt keine Cellomusik nach 1915, die nicht von diesem Universum der Cellomöglichkeiten zehren würde. Souveräner, im besten Sinne selbstbewusster als Daniel Müller-Schott es tat, lässt sich dieses Programm nicht darstellen.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: