Kurzkritik:Aus dem Exil

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Sarah Hakenberg kehrt ins Lustspielhaus zurück

Von Thomas Becker, München

Gestorben wird schon immer noch, wenn auch nicht mehr auf Teufel komm raus. 27 Tote in den letzten drei Liedern waren es im Vorgängerprogramm: Das drücke doch zu sehr auf die Stimmung, meint die Frau mit dem Faible fürs Morbide. Sprach's und singt gleich mal eine vor Schweineblut triefende Moritat vom Metzger, der vom Arzt das Todesurteil bekommt: nur noch vegetarisch! Willkommen in der herrlich drastischen Tom & Jerry-Welt von Sarah Hakenberg.

"Dann kam lang nichts" heißt das vierte Programm der Exil-Münchnerin, die es der Liebe wegen nach Ostwestfalen verschlug, wo sie mit einem Mann mit viel Elternzeit zwei Kinder hat - ein Schicksal, mit dem sie aufs Unterhaltsamste hadert. Die Frage des Wo-Lebens beschäftigt sie: Lieber mit 123 Menschen auf einem Quadratkilometer wie bei ihr in Warburg oder mit 16 000 wie einst in Schwabing? Meiste Sonnenstunden im Land? München. Platz 400 von 401: Warburg. Doch während München Schlusslicht bei der Immobilien/Einkommen-Relation ist, kostet der Quadratmeter Miete in Warburg 5,20 Euro. Absurditäten des Alltags finden sich hier wie dort, und verpackt ist das alles wie gehabt in schmissige Klavierarrangements, ab und zu greift sie zur Ukulele. Klingt brav, ist es aber nicht. Hakenberg und zimperlich: passt nicht. Auch für die Pegidas, die so gern mal säubern und aufräumen würden, hat sie ein Lied parat: "Hilf mir beim Umzug!" Die Zugaben-Klassiker im Lustspielhaus geraten dann wieder eher tödlich: "Hündchen lynchen in München", die Schunkel-Hommage an Georg Kreislers "Tauben vergiften im Park". Oder "Rolf", die Killer-Orgie vom irgendwie unsterblichen Hamster. Nur "Kalle", der Dralle, darf überleben - da hat sie wohl einen schwachen Tag gehabt.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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